Der Einzelhandel zwischen freiwilligen Selbstverpflichtungen und staatlichen Rahmenbedingungen

Ein Beitrag von Renate Künast, Bundestagsabgeordnete für Bündnis 90/Die Grünen.

Kuenast grossDer Handelsverband Deutschland mit seinen ca. 100.000 Mitgliedsunternehmen ist ein wichtiger Ansprechpartner, wenn es um für mich besonders wichtige Themen wie gesunde Ernährung, Transparenz in Lieferketten oder nachhaltigen Konsum geht. Es ist richtig und gut, dass der Verband und seine Mitgliedsunternehmen im Lebensmittelbereich freiwillig Projekte und Maßnahmen anstoßen, um bessere und ausgewogenere Nahrungsmittelangebote zu machen.

Ich bin jedoch der Meinung, dass wir aufgrund der steigenden Fehlernährung in Deutschland eine ganzheitliche Ernährungswende mit verbindlichen Maßnahmen brauchen, um eine gute und gesunde Ernährung für alle Verbraucher im Alltag einfach zu machen. Dazu gehören z.B. auch verbindliche Reduktionsziele für Zucker, Salz, Fett in Pizza und Co., eine einheitliche Nähwertkennzeichnung und die Einschränkung von an Kinder gerichteter Werbung. Im Bereich der globalen Lieferketten fördert und kontrolliert der Einzelhandel die Einhaltung von Standards in eigenen Produktionsstätten und durch seine Lieferanten mit dem Ziel, sozial- und umweltverträgliche Produkte und Prozesse zu gewährleisten. Das ist gut so.

Doch jenseits dieser freiwilligen Initiativen ist es meines Erachtens höchste Zeit, dass europäische und für den europäischen Markt produzierende Unternehmen gesetzliche Transparenz- und Sorgfaltspflichten erfüllen müssen. Erst wenn Produktions- und Lieferketten transparent sind und die Unternehmen verbindlich nachweisen müssen, dass dort Sozial- und Umweltstandards eingehalten werden, können wir sicher sein, dass sich Katastrophen wie zum Beispiel der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch nicht wiederholen. Auch im Bereich Bio und Nachhaltigkeit macht sich der Verband mit seinen Unternehmen erfolgreich auf den Weg. Er unterstützt Initiativen für die nachhaltige Herstellung von Kaffee, Fisch, Fleisch, Baumwoll- oder Holzprodukten. Besonders herausheben möchte ich den positiven Anstieg von Bio-Lebensmitteln im Einzelhandel. Der Umsatz hat sich zwischen dem Jahr 2007 und 2017 verdoppelt auf ca. 10 Milliarden Euro. Deutschland ist damit gemessen am Gesamtumsatz der größte Bio-Markt in Europa.

Für mich ist nachhaltiger Konsum der richtige Weg in die Zukunft. Denn mit Konsum ist es wie mit Wachstum: Weder das eine noch das andere ist ein Wert an sich. Was wir brauchen, ist nachhaltiges Wachstum und nachhaltigen Konsum, die gleichermaßen nicht auf Kosten anderer Menschen oder zu Lasten der Umwelt gehen, so wie es auch das Pariser Klimaabkommen von uns fordert. Das bedeutet auch, dass Qualität ihren Preis haben darf, weil Billigprodukte letztlich alle teuer zu stehen kommen. Der Einzelhandel hat es durch seine Nachfragemacht in der Hand, für bessere Produktionsbedingungen und nachhaltige Qualität der Produkte zu sorgen.

Ich gratuliere dem Handelsverband Deutschland zu seiner erfolgreichen Arbeit und zu seinem 100-jährigen Jubiläum und freue mich, wenn er seinen Einfluss weiterhin nutzt, um gesunde Ernährung, transparente sichere Lieferketten und nachhaltigen Konsum zu fördern und sicherzustellen.

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