Stadt und Handel in Zeiten von tiktok und youtube

Ein Beitrag von Barbara Possinke, geschäftsführende Gesellschafterin RKW Architektur +

Barbara Possinke RKW 2019 02 grossDer Megatrend unserer Zeit ist die Vernetzung, so die Erkenntnis des Zukunftsinstituts. Die Digitalisierung hat uns in die Lage versetzt, mit jedem, zu jeder Zeit und überall weltweit vernetzt zu sein. Und in der „wirklichen“ Welt? Wer oder was, wenn nicht die Stadt, könnte die reelle Plattform für diese zunehmende Entwicklung beziehungsweise diesen Wunsch in Zukunft übernehmen!

Das aktuelle Modell der Handelsflächen in der Stadt, bei dem jeder Händler in „seiner Box“ ohne Verbindung oder Vernetzung mit den Nachbarn und mit wenig Interaktionen mit der Innenstadt lebt, hat sich längst überholt. Dies zeigen die rapid fallenden Frequenzzahlen in den Innenstädten. Dies ist uns mittlerweile allen klar.

Aber wieso aus der Not nicht eine Tugend machen? Denn: In der vernetzten Innenstadt gibt es bereits die relevanten, ansässigen Akteure plus ein Central Management; und genau diese Kombination bietet Chancen, damit Innenstädte für die künftigen Generationen attraktiv bleiben.

Wir erleben gerade ein großes Comeback von Formaten wie Marktplätzen und Markthallen oder genossenschaftlichen Läden, welche die Vernetzung und Kommunikation der Menschen und Händler untereinander unterstützen.

Hinzu kommt: Eine vernetzte Stadt und innerstädtischer Handel sind ohne Nachhaltigkeit im Stadtraum gar nicht zu denken. Insbesondere bei Sommertemperaturen von um die 40 Grad müssen wir zwangsläufig über neue Mobilitätskonzepte, eine Reduzierung des Verkehrs durch „Teilen“ oder städtische Carparks nachdenken. Wir müssen die intensive Begrünung der Fußgängerzonen als gesetzt ansehen, um die Luftqualitätswerte zu heben; das Ganze am besten verknüpft mit Patenschaften zur Pflege. Parks und Grünflächen mit Sportanlagen (Co-Sporting) gehören aber genauso dazu, um die Verweildauer in der Stadt attraktiver zu machen. In Kombination vielleicht mit einem Merch Shop eines youtubers? Perfekt. Neben der Zielgruppe der jüngeren Generationen dürfen wir aber auch die älteren nicht außer Acht lassen: Aufenthaltsorte fördern die generationsübergreifende Vernetzung, mischgenutzte Quartiere mit Einkaufen, Arbeiten und Wohnen tragen ihren Teil dazu bei. Und nicht zu vergessen – das Handwerk, dieses gehört genauso in eine lebendige Stadt. Wieso holen wir es nicht einfach wieder zurück? Die „Kreuzberger Mischung“, vorne wohnen und verkaufen, hinten arbeiten und herstellen, ist das beste Beispiel dafür.

Fazit: In den Zeiten von Instagram, youtube oder tiktok ist das Bedürfnis der Menschen, gemeinsame Unternehmungen zu gestalten (und auch online zu teilen!) offensichtlich. Aber genau das kann eine große Chance für die Innenstadt sein, in der solche Angebote reell angeboten werden. Dafür müssen aber die bisherigen Grundsätze der geltenden Regelwerke wie der öffentlichen Gesetzgebung oder Grundfragen wie „wem gehört der Boden“ neu gedacht werden.

 
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