Bei der Innenstadtentwicklung besonders auf die Kleinstädte achten!

Ein Beitrag von Mechthild Heil, CDU-Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Bundestagsausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen

Mechthild Heil Presse 2021 grossUnsere Innenstädte, und dabei besonders der für ihre Vitalität so wichtige Bereich des Handels, sind in den letzten Jahren zunehmend unter Druck geraten. Der Onlinehandel war dabei schon länger ein Faktor, dann kamen die Corona-Einschränkungen dazu und jetzt drohen weitere Gefahren durch Inflation und Lieferengpässe. Im Ergebnis ist überall im Land zu beobachten, dass die Attraktivität der Innenstädte leidet, insbesondere weil Einzelhandelsaktivitäten zurückgehen und damit häufig die nötige Frequenz fehlt. Besonders davon betroffen sind Kleinstädte und kleinere Mittelstädte, insbesondere auch solche, bei denen es bisher noch „recht gut lief“.

Dort ist das Problem besonders groß, weil diesen Städten häufig die nötige „kritische Masse“ fehlt, um der schwierigen Entwicklung ausreichende eigene Impulse entgegenzusetzen. Das beginnt natürlich bei den finanziellen Mittel, aber dieses Problem stellt sich bei größeren Städten ähnlich. Hier dürfte nur eine ausreichende kommunale Finanzausstattung helfen, die die Bundesländer und ergänzend der Bund zur Verfügung stellen müssen. Auch, aber nicht nur, über ganz gezielte Förderprogramme zur Innenstadtentwicklung. Das im letzten Jahr gestartete Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ mit 250 Millionen Euro ist dafür ein positives Beispiel, aber nichts worauf die Regierungen sich ausruhen könnten.

Es fehlt vielen Kleinstädten darüber hinaus einfach die personelle und manchmal wohl auch die kreative Kapazität, um ihre Innenstädte attraktiv zu machen oder zu halten. Eine übergeordnete Planung, ein „Generalplan“, findet viel zu häufig gar nicht statt. Und ohne einen solchen Plan ist es dann auch schwierig, in der Fläche gezielte Einzelmaßnahmen zu starten. Ein Beispiel, das ich häufig sehe, ist der Umgang mit unansehnlichen oder sogar verfallenden Immobilien, die negativ auf den Standort wirken. Hier müssten viele Kleinstädte aktiver werden, aber das findet nur schwierig seinen Platz im Tagesgeschäft bei begrenzten Ressourcen. Wie an zu vielen Stellen in Deutschland wird dann eher verwaltet als gestaltet.

In vielen kleineren Städten bräuchte es eine verantwortliche Person unterhalb des häufig stark belasteten Bürgermeisters, die Stadtentwicklung und Citymanagement aus einer Hand organisiert. Eine Person, an die Handel und Gastgewerbe sich wenden können, die von den politischen Verantwortungsträgern in Verwaltung und Stadtrat dann aber auch die nötige Beinfreiheit bekommt, um zu gestalten – im kleinen Einzelproblem, aber eben auch bei den größeren Linien. Der Stadtrat ist ein passendes Beispiel: Dort wird allzu oft in erster Linie in Einzelprojekten gedacht und die werden dann manchmal aus politischen, ideologischen Gründen auch noch zu Tode debattiert, bis ein Minimalkonsens statt Gestaltung übrig bleibt.

Meiner Meinung nach fehlt es auch noch an brauchbaren Leitbildern für deutsche Kleinstädte im 21. Jahrhundert. Früher war das wirksame „Allheilmittel“ die hübsche Fußgängerzone. Aber dieses Rezept alleine reicht bei den aktuellen Herausforderungen nicht mehr aus. Vielleicht braucht es eine ganze Palette von möglichen Konzepten für Kleinstädte. Mit dezidierten Schwerpunkten z.B. auf Tourismus, Einkauf, Bildung oder mehr Grün. Das ist nun nichts grundsätzlich Neues, aber es müsste in den Städten dann gezielt, kontinuierlich und planvoll umgesetzt werden. Dafür brauchen viele Kleinstädte die Unterstützung von Landes- und Bundesebene. Wie das gestaltet werden kann, ohne die kommunale Planungshoheit zu beschädigen, das wird meiner Meinung nach eine der wesentlichen Fragen im Bereich Innenstadtentwicklung in den nächsten Jahren sein.

 

   HajourCoverKLEIN

Auch das handelsjournal widmet sich in seiner Ausgabe 3/2022 dem Schwerpunkt "Neubestimmung des Standorts Innenstadt".

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