Europa geht nur mit Demokratie und Gerechtigkeit
3.137.169.56Johannes Schraps, SPD-Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ein Beitrag von Johannes Schraps, SPD-Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union
70 Jahre Frieden, offene Grenzen und freie Märkte, unsere liberal-demokratischen Werte - all das haben wir Europa zu verdanken. Ich gehöre zu einer Generation, die von Europa enorm profitiert hat und immer mehr profitiert. Ich durfte in Schweden studieren und in Brüssel arbeiten. Dabei habe ich hautnah erlebt, was offene Grenzen, Vielfalt und Zusammenhalt bedeuten.
Leider merke ich immer wieder, dass die Europäische Union mit all ihren Errungenschaften vor allem für die ganz jungen EU-Bürger zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist. Das ist gut so, aber birgt gleichzeitig auch Gefahren. Unsere Demokratie und Wohlstand sind fragil. Deswegen müssen wir immer bereit sein, sie zu verteidigen. Populismus stellt eine unmittelbare Gefahr für alles dar, was für uns Europa ausmacht. Die kommende Europawahl am 26. Mai ist somit eine Richtungswahl. Und gleichzeitig ist es die Gelegenheit zu zeigen, was uns allen Europa wirklich wert ist.
Wir wollen ein soziales Europa. Der Binnenmarkt ist zweifelsohne eine der wichtigsten Errungenschaften der europäischen Union. Davon profitiert Deutschland auch am meisten. Das reicht aber für das Wohl der europäischen Bürgerinnen und Bürger bei weitem nicht aus. Europa braucht Solidarität und Gerechtigkeit. Ohne einen europäischen Mindestlohn und eine europäische Arbeitslosenversicherung wird das nicht gehen. Außerdem müssen deutlich mehr Ressourcen für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit eingesetzt werden. Denn Europa muss Kontinent der Chancen sein, wo alle jungen Menschen eine klare Zukunftsperspektive haben - egal ob in Deutschland, Polen oder Spanien.
Wir wollen ein Europa der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Die Europäische Union ist bei weitem nicht nur eine Wirtschafts- und Währungsunion. In erster Linie ist es eine Wertegemeinschaft. Unsere gemeinsamen Werte sind auch im Art. 2 des EU-Vertrages aufgeführt: Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Minderheitenrechte. Ohne die Einhaltung dieser Werte kann es keinen Frieden und keine Gerechtigkeit geben. Nur ein liberaler und demokratischer Staat kann seine Pflichten gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in vollem Maße erfüllen und ihnen gleichzeitig ihre Freiheiten und Rechte vollumfänglich zugestehen. Leider gibt es aber zunehmend Akteure, die den Wert dieser liberalen demokratischen Ordnung nicht gleichermaßen wertschätzen. Vertreter rechtspopulistischer Bewegungen nutzen unsere Rechte und Freiheiten, um genau diese Grundlagen freiheitlicher Demokratie von innen zu untergraben. Wir müssen einen Mechanismus für das Monitoring von Rechtstaatlichkeit in den EU-Mitgliedstaaten einführen sowie Verfahren entwickeln, die Verstöße gegen unsere gemeinsamen Regeln klar benennen und sanktionieren. Nur so können wir unsere Demokratie schützen und glaubwürdig bleiben.
Wir wollen ein vereintes Europa. Die USA mit Trump, Russland mit Putin, die Türkei mit Erdogan - die moderne Welt und somit die Weltpolitik wird immer komplexer und unvorhersehbarer. Umso wichtiger ist es, dass wir als Europäische Union geschlossen handeln. Dazu gehört vor allem - nationale und europäische Interessen müssen wir in Einklang bringen. Nicht nationale Alleingänge, sondern europäischer Zusammenhalt ist die Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit. Gerade im Vorfeld der Europawahl stellt sich die Frage, in welchem Europa wir in der Zukunft leben möchten. Für mich ist es ein Europa demokratischer Werte und sozialer Gerechtigkeit, das unsere Freiheiten und Errungenschaften schützt.