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Neue Impulse für den Einzelhandel

Houben kleinReinhard Houben, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion

Ein Beitrag von Reinhard Houben, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion

Houben grossDer Einzelhandel ist zentraler Bestandteil unseres gesellschaftlichen Lebens und spielt eine entscheidende Rolle für das Leben in unseren Innenstädten. Allerdings wurde der Einzelhandel durch die Schließungen und Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung des Corona-Virus in den letzten Jahren hart getroffen. Viele Händler haben sich bis heute nicht von den Einnahme-Ausfällen erholt, andere mussten ihr Geschäft ganz aufgeben. Zudem steht der Einzelhandel durch die zunehmende Dominanz des Online-Handels schon seit Jahren unter Druck. Aber was tun, um dem Einzelhandel wieder auf die Beine zu helfen und ihn gegenüber dem Online-Handel auf Dauer wettbewerbsfähig zu machen?

Zum einen muss sich der Einzelhandel den neuen Realitäten stellen. Das bedeutet, auf die starke Konkurrenz durch den Online-Handel mit guten Ideen zu reagieren. Einzelhändler müssen nicht nur im Internet präsent sein – schon allein um wahrgenommen zu werden –, sondern auch Vorteile des Online-Handels übernehmen. Beispielsweise könnten Einzelhändler anbieten, vom Kunden im Geschäft ausgewählte Produkte schnell und unkompliziert zu liefern. Hier können sich mehrere Einzelhändler auch zusammentun und einen gemeinsamen Lieferdienst ins Leben rufen. Wenn ein Produkt in einer bestimmten Ausführung im Geschäft nicht vorhanden ist, muss es zudem selbstverständlich werden, das Produkt rasch bestellen zu können und es dem Kunden zu liefern.

Zum anderen sollte der Einzelhandel seine Vorteile gegenüber dem Online-Handel stärker ausspielen. Das Einkaufsverhalten vieler Menschen verändert sich, Stichwort „neuer Konsum“. Viele Konsumenten legen vor dem Hintergrund des Klimawandels mehr Wert auf Nachhaltigkeit und auf lokale Produkte, wünschen sich aber auch stärker auf sie zugeschnittene Artikel. Hier kann der Einzelhandel klar punkten, indem er stärker lokale Produkte führt und vermarktet. Auch könnte der Einzelhandel stärker auf das Qualitätssegment setzen. „Made in Germany“ ist bis heute ein Label für einzigartige Güte und Langlebigkeit.

Aufgabe des Personals in den Geschäften ist es vor diesem Hintergrund, stärker in den Dialog mit den Kunden zu treten, ihre Bedürfnisse zu verstehen und darauf besser einzugehen. Zu diesem Zweck sollte der Einzelhandel auch vermehrt personalisierte Daten und Möglichkeiten ihrer Auswertung nutzen. Dies bedeutet, Kunden konkret um die Nutzung ihrer Daten zu bitten – im Geschäft nebenan sollte der Kunde dazu auch in den meisten Fällen bereit sein. Eine andere Idee wäre die Vernetzung der Einzelhändler mit den lokalen Startups. So können erfahrene Einzelhändler ihr Wissen an junge Unternehmen weitergeben, während junge Start-ups ihr Technik Know-how unkompliziert mit den lokalen Händlern teilen können. Dabei darf die Politik nicht nur fordern, sondern muss die Unternehmen auch direkt entlasten, etwa durch den konsequenten Ausbau von E-Govenment, also eine moderne öffentliche Verwaltung, in der Behördengänge online erledigt werden können.

Auch findet Konsum vor Ort nur dann statt, wenn die Innenstädte attraktiv und gut erreichbar sind – die Kunden also ein ganz anderes Einkaufserlebnis haben, als wenn sie die Produkte online bestellen.

Notwendig ist deswegen die gute Anbindung durch den öffentlichen Nahverkehr, aber auch Sicherstellung von Parkmöglichkeiten. Zur Steigerung der Attraktivität der Innenstädte kann auch über stadtplanerische Maßnahmen nachgedacht werden. Voraussetzung dafür ist eine unkomplizierte und flexible Kommunalverwaltung mit ausreichender finanzieller Ausstattung. Eine weitere Maßnahme zur Förderung des stationären Handels wäre in diesem Zusammenhang auch die Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten und die Ausweitung von verkaufsoffenen Sonntagen. All dies würde dazu beitragen, dass die Menschen die Innenstädte wieder stärker für sich entdecken.

Nicht zuletzt ist die Politik aber auch gefragt, einen Wettbewerbsboden zu schaffen, auf dem sich die großen Online-Händler und die lokalen Einzelhändler auf Augenhöhe begegnen. Wir müssen verhindern, dass der Wettbewerb durch sogenannte „Gatekeeper-Unternehmen“ verzerrt wird, indem sich diese Unternehmen auf ihren Plattformen selbst gegenüber anderen Unternehmen bevorzugen oder Verbraucher daran hindern, Unternehmen außerhalb der Plattform zu nutzen. Das müssen wir auf europäischer Ebene regeln.

Der Einzelhandel steht vor großen Herausforderungen. Diese gilt es zu analysieren und mit guten Ideen und Engagement von Unternehmen und Politik zu begegnen. Nur dann wird es gelingen, diesen großen Umbruch zu gestalten und die Zukunft des Einzelhandels zu sichern.

 

Handelsjournal122

 

Auch das handelsjournal widmet sich in seiner Ausgabe 1/2022 dem Schwerpunkt "Neuer Konsum".

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