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Neuer Konsum: Nachhaltig by design

Tabea Roessner kleinTabea Rößner, Vorsitzende des Ausschusses für Digitales, Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ein Beitrag von Tabea Rößner, Vorsitzende des Ausschusses für Digitales, Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Foto: Stefan Kaminski)

Tabea Roessner grossWahrnehmbare Umweltschäden durch übermäßigen Rohstoffabbau, der große Ressourcenhunger bei der Produktion und die mitunter langen Transportwege von Produkten führen schon seit längerem bei vielen Konsument:innen zu einer Neuausrichtung ihres Wertekompasses. Doch der Wunsch nachhaltiger zu konsumieren wird ihnen schwer gemacht.

Das Marktgeschehen ist dynamisch. Die Lebens- und Nutzungsdauer von Konsumgütern, insbesondere von Elektrogeräten, verkürzt sich zusehends. Laut dem Global E-Waste Monitoring der UN fielen 2020 allein in Deutschland pro Kopf fast 20 Kilogramm Elektroschrott an.

In der Konsequenz hielt sich lange Zeit das Urteil einer Wegwerfgesellschaft. Doch die Verantwortung der Art und Weise unseres Konsum allein bei Endverbraucher:innen zu suchen, ist zu kurz gedacht. Denn eine Veränderung der Konsumgewohnheiten baut immer auch auf dem vorhandenen Angebot auf. Der Wille zur Nachhaltigkeit, einschließlich eines Kreislaufsystems und einer Reparaturkultur, muss schon beim Hersteller anfangen, damit er allseitig wirken kann.

Es ist doch ein Skandal, wenn Elektrogeräte schon nach kurzer Zeit unbrauchbar sind, weil Einzelteile zu schnell verschleißen oder die Reparierbarkeit systemseitig verwehrt wird. Wenn sich Konsumgüter by design nicht reparieren lassen oder herstellerunabhängige Reparaturwerkstätten keinen Zugang zu Ersatzteilen erhalten, bleibt den Verbraucher:innen oft nur der Neukauf des Produkts wider Willen. Das ist hinsichtlich einer gewachsenen Nachhaltigkeitsethik frustrierend für die Konsument:innen. Und nicht zuletzt ist es ein großes Ärgernis, strapaziert doch jeder Neukauf auch den Geldbeutel.

Daher muss an den Strukturen angesetzt werden: Es gilt ein System zu schaffen, um langlebige Produkte sowohl unter dem Gesichtspunkt des Repair, als auch mit Blick auf Reuse und Recycle auf den Markt zu bringen. Ein Bundesgesetz muss klare Regelungen und Standards setzen, um die notwendige Kreislaufwirtschaft zu erreichen und unnötige Hürden abzuschaffen, die die Reparatur von Geräten vonseiten des Herstellers erschweren.

Die Ressourcenschonung und die Kreislaufführung müssen standardmäßig im Design entwickelt werden. Denn hier liegt die Basis dafür, dass Geräte überhaupt repariert und recycelt werden können. Zusätzlich muss der Reparaturmarkt für herstellerunabhängige Werkstätten geöffnet und Ersatzteile im Verhältnis beschaffbar und bezahlbar werden. Der sogenannte Reparaturbonus ist darüber hinaus ein wichtiger – und wie sich beobachten lässt – ein gut funktionierender Reparaturanreiz unmittelbar für die Endverbraucher:innen. Ist ein Gerät endgültig nicht mehr reparierbar, müssen eine systematische Entsorgung und ein flächendeckendes Angebot an Rücknahmestellen für die Recyclingeffizienz sorgen.

Im Sinne des Ressourcenschutzes gilt außerdem noch verstärkt darüber nachzudenken, wie die Konsumform Sharing Economy mehr gefördert werden kann. Das gilt insbesondere für Produkte, die nicht täglich gebraucht werden, sondern meist ungenutzt zuhause herumliegen. Denn sind wir ehrlich: Wie oft brauchen wir unsere Bohrmaschine tatsächlich? Zweimal im Jahr? Das ist nicht effizient. Und das gleiche gilt für das Auto, das im Schnitt 23 Stunden am Tag nicht das tut, wofür es konstruiert wurde – fahren. Hier gibt es viele ausgereifte und erfolgreiche Konzepte, gerade im Städtischen. Die Digitalisierung schafft hier niedrigschwellige Möglichkeiten, solche Modelle des gemeinsamen Nutzens und Teilens, z.B. via App, auf andere Bereiche auszuweiten.

Insgesamt muss das Ziel also sein, dem Konsum eine systemische Grundlage im Sinne der Nachhaltigkeit zu schaffen – weg von einer bereits in der Herstellung verankerten Kultur des Wegwerfens, hin zu einer Kultur der Reparatur, des Recyclings und des Sharings. Dabei sind alle gefragt, von den Hersteller:innen über den Handel bis hin zu den Verbraucher:innen. Die Politik bleibt hier nicht außen vor. Sie hat die Aufgabe, allen Stakeholdern auf dem Weg zum nachhaltigen Konsum Sicherheit zu geben.

 

Handelsjournal122

 

Auch das handelsjournal widmet sich in seiner Ausgabe 1/2022 dem Schwerpunkt "Neuer Konsum".

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