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Die Revolution im Zahlungsverkehr hat begonnen

Ein Beitrag von Markus Herbrand (FDP), Obmann im Finanzausschuss des Bundestages und finanzpolitischer Sprecher

Herbrand grossVor gut einem Jahrzehnt, in den traumatischen Niederschlägen der Weltfinanzkrise, wurde ein technologischer Wendepunkt erreicht. Dank weitreichender Innovationen schafften es junge IT-Unternehmen traditionelle Firmen von den Spitzenrängen des Marktes zu verdrängen, immer neue digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln und neue Wirtschaftssektoren mit eigenen Ökosystemen fest zu etablieren. Digitale Finanzprodukte und Dienstleistungen sind seither ein Massenphänomen geworden, doch die Möglichkeiten für den digitalen Zahlungsverkehr stehen noch immer am Anfang.

Mit den Worten: „Wir treten in das Zeitalter des digitalen Geldes ein“, verwies die Europäische Zentralbank (EZB) auf das wohl wirkungsmächtigste Projekt für den europäischen Zahlungsverkehr, den digitalen Euro. Mit ihm soll eine weitere Zahlungsart zur Verfügung stehen, die als digitale Ergänzung zu Banknoten das Bezahlen weiter vereinfachen, bequemer und schneller machen wird.

Oft wird unterschätzt in welch harten Wettbewerb der Euro zu anderen Währungen steht. Nicht ohne Grund erklärte der Internationale Währungsfonds jüngst, dass die im Zuge des Ukraine-Konflikts eingeleiteten Sanktionen die Vorherrschaft des Dollars als Reserve- und Leitwährung geschwächt habe. Russland hat zuletzt – auch als Reaktion auf die Sanktionen gegen die russische Zentralbank – den internationalen Druck erhöht und angekündigt, noch in diesem Jahr den E-Rubel einzuführen. Ich halte es für besonders bedeutsam, dass wir unsere europäische Einheitswährung maximal attraktiv und sicher ausgestalten, damit sie stets auf der Höhe der Zeit bleibt. Den Zeitplan der EZB, wonach der sogenannte „E-Euro“ im Sommer 2026 einsatzbereit sein sollte, könnte man aus meiner Sicht noch ambitionierter ausgestalten.

Als Liberaler vertrete ich zutiefst die Überzeugung, dass der E-Euro Bargeld auf keinen Fall verdrängen, wohl aber ergänzen darf. Ich halte ihn für die richtige Maßnahme und die EZB für die richtige Stelle, um eine allgemein akzeptierte und sichere Lösung für einfache Echtzeit- und kontaktlose Zahlungen zu etablieren. Mit ihm erhalten die Bürgerinnen und Bürger das gleiche Niveau an Privatsphäre wie bei aktuell gängigen elektronischen Zahlungsmethoden, während zugleich alle betroffenen Dienstleister die erforderlichen Anti-Geldwäsche- und Anti-Terrorismusfinanzierungsstandards einhalten – das ist mit Blick auf einige Alternativen leider nicht selbstverständlich.

Im Hinblick auf die technischen Entwicklungen war es ein richtiger Schritt, dass sich der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages auf Betreiben meiner Fraktion dafür eingesetzt hat, dass Unternehmen ihre Datenschnittstellen für Zahlungen, die mit Endgeräten durchgeführt werden, für andere Anbieter öffnen müssen. Mit der Regelung wurde eine Grundlage für mehr Wettbewerb im Zahlungsverkehr erreicht, die auch wegweisende Entwicklungen in der EU angestoßen hat. Es ist entscheidend, dass man dieses Marktsegment für alle Beteiligten fair ausgestaltet, dabei aber auch die komplexen technischen Fragen, die bis in das Herz von Geschäftsmodellen hineinreichen können, berücksichtigt.

Die Welt des Zahlungsverkehrs ist im Umbruch und sie hat viele Gesichter. Diese müssen wir mit maßgenauen Regelungen lenken und wachsen lassen. Mich umtreibt hierbei noch ein weiterer strategischer Punkt, der in den Diskussionen bisher zu kurz gekommen ist: Die am weitesten entwickelten IT-Produkte und IT-Dienstleistungen im Zahlungsverkehr werden außerhalb der EU entwickelt. Von daher ist es nur eine Frage der Zeit bis deutsche und europäische Nutzerinnen und Nutzer auf private Payment Apps und Zahlungsplattformen aus Drittstaaten wechseln. Deswegen müssen sich die Gesetzgeber in Deutschland – aber insbesondere auch in Brüssel – nicht nur für adäquate Rahmenbedingungen einsetzen. Es müssen auch Anreize zur Stärkung der heimischen FinTech-Szene gesetzt werden. Ich halte das für eine Frage der kritischen Infrastruktur, bei der wir das Zepter nicht aus der Hand geben dürfen.

 

HaJour2 klein

 

Auch das handelsjournal widmet sich in seiner Ausgabe 2/2022 dem Schwerpunkt "Die Zukunft des Bezahlens".

Mehr Informationen zum Heft unter https://bit.ly/3OVizDi

 

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