Wie KI unser Leben verändern wird
18.188.107.57Stephan Tromp, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE)
Ein Beitrag von Stephan Tromp, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE)
Der Entwicklung Künstlicher Intelligenz kann man durchaus die gleiche Bedeutung beimessen wie der Entdeckung der Elektrizität. Genau wie Elektrizität wird Künstliche Intelligenz die Entfaltung neuer Technologien und Anwendungen zur Folge haben, die wirtschaftliche Prozesse nachhaltig umformen, neue Vorgehensweisen in der Forschung hervorbringen und am Ende unser gesamtes Leben verändern. So gut wie kein Lebensbereich wird von dieser Disruption verschont bleiben.
Aber was hat sich mit der Vorstellung von ChatGPT geändert? Machine Learning ist nichts Neues. Seit Jahren kommen Algorithmen in der Wirtschaft zum Einsatz. KI konnte bisher lesen, sortieren und schreiben, aber keine Inhalte verstehen. Neue KI-Systeme wie ChatGPT haben dies geändert und ermöglichen es Maschinen, natürliche Sprache zu verstehen und Dialoge und Inhalte zu produzieren, die kaum noch von menschengemachten zu unterscheiden sind. Programme wie ChatGPT basieren auf großen Sprachmodellen, sogenannten Large Language Models (LLM). Diese nutzen Methoden des maschinellen Lernens auf Basis von neuronalen Netzen, sogenanntes Deep Learning, um aus Datensätzen Muster und Zusammenhänge zu erkennen und Regeln abzuleiten. Im Falle von ChatGPT bestand der Trainingsdatensatz aus circa einer Milliarde Websites, Nachrichten, Artikeln, Wikipedia-Einträgen und Büchern. Dies ermöglicht es einem LLM, wie dem hinter ChatGPT, Anfragen in natürlicher Sprache zu verstehen, den Kontext zu verarbeiten und Antworten zu generieren. Die Entwicklung eines individualisierten KI-Systems wie ChatGPT dürfte für die meisten Unternehmen nicht leistbar sein, sodass man davon ausgehen muss, dass es einige wenige Anbieter geben wird, die Unternehmen eine Individualisierung ermöglichen.
Die Auswirkungen von KI-Systemen auf den Handel sind vielfältig, einige Beispiele möchte ich nennen:
- Die Interaktion mit den Kunden wird weiter automatisiert werden, nicht nur im E-Commerce, sondern auch über Tablets oder andere Geräte im stationären Handel. Chatbots kommen zum Einsatz, um Verkaufsprozesse zu automatisieren und zu personalisieren.
- Kunden werden über Lagerbestände, Bestellstatus und Lieferdatum auf dem Laufenden gehalten.
- Kundendienstanfragen werden unterstüzt, zum Beispiel bei der Abwicklung von Rücksendungen oder Umtauschen.
- Das Handelsmarketing wird weiter verbessert. Marketingkampagnen, gezielter Einsatz von Ads sowie ansprechende Inhalte für Social-Media-Plattformen sind potenzielle Anwendungsgebiete.
- Das Wissensmanagement in den Unternehmen wird von KI-Systemen profitieren. Ein mit internen Dokumenten und Fachwissen individualisiertes KI-System kann als Wissensspeicher digital assistieren.
Alles „Schöne Neue Welt“, wie sie Aldous Huxley schon 1932 in seinem gleichnamigen dystopischen Roman beschrieb? KI-Systeme wie ChatGPT werden unser Leben verändern und ein fester Bestandteil des Alltags werden. Damit umzugehen und KI in unser Gesellschaftsmodell und Wertesystem einzufügen, wird eine große Herausforderung sein. Dies gilt insbesondere, weil das Internet und die Digitalisierung global sind und wir verschiedene Gesellschaftsmodelle auf der Welt sehen, die die Fähigkeit haben, solche KI-Systeme zu entwickeln. Am Ende ist eine KI immer nur so gut, wie ihre Entwickler sie „gefüttert“ haben. Sehr wahrscheinlich, dass sich hier neben den wirtschaftlichen Interessen auch die nächsten gesellschaftspolitischen Demarkationslinien herausbilden. Eine weitere Herausforderung des 21. Jahrhunderts.
Auch das handelsjournal widmet sich in seiner Ausgabe 2/2023 dem Schwerpunkt künstliche Intelligenz.
Mehr Informationen zum Heft unter https://bit.ly/3OVizDi