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Warum der drohende Rechtsruck eine Gefahr für Europas Binnenmarkt ist

Daniel Freund (Bündnis 90/Die Grünen), Abgeordneter im Europaparlament

Ein Beitrag von Daniel Freund (Bündnis 90/Die Grünen), Abgeordneter im Europaparlament.(Foto: Dominic Heidl)

freundinnenDeutsche Unternehmen werden in Ungarn mit Mafia-Methoden erpresst. Als ich diese Geschichte das erste Mal von mehreren deutschen Einzelhändlern gehört habe, traute ich meinen Ohren nicht. Betroffene Unternehmer berichteten mir von willkürlich erhobenen Steuern und Zöllen, willkürlichen Preisdeckeln und Hygienekontrollen. Von dubiosen Besuchen aus dem Dunstkreis des ungarischen Premierministers Viktor Orban, von unverschämten Übernahmeangeboten. Das Ziel hier ist völlig klar: Profitable ausländische Unternehmen sollen per Verkauf aus dem Markt gedrängt und durch lokale Player übernommen werden.

Dass Viktor Orban Ungarn in eine Autokratie umgebaut hat, dass er die Grundrechte von Minderheiten missachtet, die freie Presse zum Schweigen gebracht hat und die EU regelmäßig mit seinem Veto lahm legt - all das ist kein Geheimnis. Dass allerdings auch europäische Unternehmen in Ungarn unter die Räder der autokratischen Politik des Premierministers geraten, war in erster Linie nur den betroffenen Unternehmen bekannt. Zu prominent waren die Beispiele von Dax-notierten Unternehmen und Autobauern, denen in Ungarn der rote Teppich ausgerollt wurde. Bei genauerer Betrachtung wird aber deutlich, dass Viktor Orban in seinem Land eine ökonomische Zweiklassengesellschaft aufgebaut hat. Da gibt es die, die mit Subventionen und niedrigen Steuern bevorzugt werden. Und dann gibt es jene, die erpresst und drangsaliert werden - unter krasser Missachtung des Prinzips des Europäischen Binnenmarkts.

Es mag einige schockieren, wie offen sich Viktor Orban und seine Handlanger über geltendes Recht hinwegsetzen. Sie tun es aber, weil es für dieses Handeln viel zu lange keine Konsequenzen aus Brüssel gegeben hat. Wenn Universitäten aus dem Land getrieben wurden, die Rechte von Geflüchteten missachtet oder Milliarden veruntreut wurden, gab es aus Brüssel häufig nur einen besorgten Brief. Das hat sich in dieser Legislatur des Europaparlaments grundlegend geändert. Es ist einer Allianz von EU-Parlamentariern zu verdanken, dass die EU jetzt endlich mit Finanzsanktionen gegen Rechstaatssünder vorgehen kann und dass diese Sanktionen gegen Viktor Orban auch endlich zum Einsatz kamen. Aktuell liegen mehr als 20 Milliarden Euro EU-Gelder für die Orban-Regierung auf Eis.

Bei den kommenden Europawahlen dürften die Mehrheitsverhältnisse in Brüssel durcheinandergeschüttelt werden. Das kann auch negative Konsequenzen für die Rechtstaatsallianz im Europaparlament haben. Wenn sich die EU-Kommission im Parlament auf Rechtsaußen-Parteien stützt, dann dürfte es auch mit den Sanktionen für Viktor Orban bald wieder vorbei sein. Er dürfte sich damit in seinem repressiven Vorgehen bestätigt fühlen - ob nun gegen Minderheiten oder europäische Mittelständler. Das wäre fatal für Europas Binnenmarkt. Denn wenn er in Ungarn kaputt gemacht wird, bricht er in ganz Europa zusammen.


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