Europa braucht Mut zur Innovation
3.129.23.110Chantal Kopf (Bündnis 90/Die Grünen), Bundestagsabgeordnete und europapolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion.
Ein Beitrag von Chantal Kopf (Bündnis 90/Die Grünen), Bundestagsabgeordnete und europapolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion.
In wenigen Tagen finden die Europawahlen statt. Ihr Ausgang bestimmt die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments und der EU-Kommission und ist damit entscheidend für den Kurs, den die EU in den kommenden fünf Jahren einschlägt. Was wir brauchen, ist ein Europa, das den Zusammenhalt unserer Gesellschaften fördert, wettbewerbsfähig bleibt und weiterhin daran arbeitet, unsere Lebensgrundlagen zu erhalten. Rückte Europa an den rechten Rand, würden Klimaschutz, Rechtsstaatlichkeit, außenpolitische Verlässlichkeit und Zukunftsinvestitionen auf der Strecke bleiben. Europa muss weiterhin ein Ort der Freiheit, Sicherheit und des Wohlstands bleiben. Dafür braucht es neben der Verteidigung der großen Errungenschaften unseres Kontinents nun auch den politischen Mut, neue Wege im Bereich der Innovation zu gehen und Reformen dort umzusetzen, wo sie dringend benötigt werden, um die EU agiler und handlungsfähiger zu machen.
Eine nähere Betrachtung verdient der Europäische Binnenmarkt. Er ist ein wesentlicher Baustein der Europäischen Integration, denn er ermöglicht seit rund dreißig Jahren, dass Waren, Dienstleistungen, Kapital, aber auch Personen in der Union frei von Restriktionen zirkulieren können. Gleichwohl ist er unvollständig und Bedarf einer Vertiefung, um seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Playern wie China und den USA zu erhalten. Das unterstreicht auch der Bericht des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Enrico Letta zur Zukunft des Binnenmarkts. Er fordert eine fünfte sogenannte „Grundfreiheit“ für den Austausch von Bildung, Forschung und Innovation. Eine innovationsfreundliche Fortentwicklung des Binnenmarkts muss ein zentraler Baustein der neuen strategischen Agenda der EU werden. Ebenso braucht es eine Investitionsoffensive für die erfolgreiche Transformation von Industrie und Wirtschaft. Denn die USA machen es uns vor: Mit dem Inflation Reduction Act (IRA) der Biden-Administration sind die Investitionen in grüne Sektoren massiv gestiegen. Der IRA sieht staatliche Subventionen in Milliardenhöhe für Unternehmen vor, die sich der Herstellung von grünen Technologien wie Batteriespeicher, Solarmodulen oder nachhaltigen Kraftstoffen widmen. Die gewaltigen Fördersummen schaffen Anreize für Unternehmen, genau solche industriellen Zukunftssektoren verstärkt zu besetzen und sich in den USA anzusiedeln – mit Erfolg. Das ist insgesamt eine gute Nachricht für das globale Klima, jedoch muss es uns in Europa auch dazu motivieren, ein europäisches Modell zu finden, ähnliche private Investitionssummen zu mobilisieren. Neben der von Enrico Letta vorgeschlagenen Weiterentwicklung der Kapitalmarktunion sowie dem weiteren Abbau von Bürokratie ist Planungssicherheit über Europas Weg in die Zukunft hierfür entscheidend.
Schon jetzt kündigen politische Kräfte in der EU an, den Europäischen Grünen Deal nach der Wahl aufkündigen zu wollen – und mit ihm das Versprechen, dass dieser Kontinent klimaneutral wird. Doch wenn wir den Sprung zu einer klimaneutralen europäischen Industrie nicht schaffen, werden im globalen Wettbewerb andere den Platz der EU einnehmen. Statt den Green Deal rückabzuwickeln, müssen wir daher nun schnell - im Sinne der skizzierten Vorschläge - von der Regulatorik ins „Machen“ kommen.
Es steht aber noch viel mehr auf dem Spiel: Das Selbstverständnis Europas als Schutzraum der liberalen Demokratie. Die Demokratie ist massiven Angriffen von außen wie von innen ausgesetzt. Wir lernen derzeit, dass unsere Freiheit nicht selbstverständlich ist. Geben Sie deshalb am 09. Juni einer demokratischen und pro-europäischen Partei Ihre Stimme.
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