Lage der Landwirtschaft: HDE wehrt sich gegen populistische Symbolpolitik
- 31.01.2024
Viele Landwirte machen seit Wochen mit Demonstrationen und Protestaktionen auf ihre schwierige wirtschaftliche Situation aufmerksam und fordern Änderungen in der Agrarpolitik. Einige politische Akteure versuchen nun von der eigenen Verantwortung für die Agrarpolitik abzulenken und den Einzelhandel als Verursacher der Krise bei vielen Landwirten darzustellen.
HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth: „Das ist unlauter und populistisch. Die wirtschaftlichen Probleme vieler Landwirte haben nichts mit dem Lebensmitteleinzelhandel und seinem Verhalten zu tun. Maßnahmen, die auf Beschränkungen für den Lebensmitteleinzelhandel zielen, schaden dem Markt und den Verbrauchern und helfen der Landwirtschaft in keiner Weise weiter.“
Der HDE macht deutlich, dass die Agrarrohstoffpreise maßgeblich von der verarbeitenden Ernährungswirtschaft und den Weltmarktpreisen bestimmt werden. Direkte Vertragsverhältnisse zwischen Handel und Landwirtschaft sind eher selten, insofern ist auch der Einfluss des Handels auf die Preise sehr begrenzt. In der Regel werden die meisten Agrarrohstoffe für die Verarbeitung zu Lebensmittelprodukten an Unternehmen der Ernährungswirtschaft verkauft, wie Molkereien oder Schlacht- und Zerlegebetriebe.
Wie groß die Bedeutung des Exports für die Landwirtschaft in Deutschland ist, zeigt ein Blick auf die Zahlen: So werden 49 Prozent der Produktionsmengen der deutschen Landwirtschaft an Frischelebensmitteln exportiert. Gleichzeitig importiert Deutschland 38 Prozent der Waren in diesem Bereich aus dem Ausland. Beide Zahlen machen deutlich, dass der Einzelhandel in Deutschland mit seiner Preispolitik nicht der entscheidende Faktor für die Einkommen der Landwirte hierzulande sein kann.
Und auch bei der immer wieder angeführten Milch hat der Lebensmitteleinzelhandel nachweislich nicht den oft fälschlicherweise vermuteten großen Einfluss auf die Entlohnung der Landwirte. So gingen 51 Prozent der Milchmenge 2023 in den Export. Nur ca. 11-12 Prozent der landwirtschaftlich erzeugten Milchmenge wandern als Konsummilch in den Nahrungsverbrauch. Zudem bestehen auch hier nur in den allerwenigsten Fällen direkte Beziehungen zwischen Landwirten und Handelsunternehmen. Der Einfluss der Einzelhändler auf die Einkommen der Landwirte ist folglich auch in diesem Bereich äußerst gering.
„Angesichts der Daten und Fakten ist klar: Wer dem Lebensmitteleinzelhandel in der Preisbildung eine entscheidende Marktmacht unterstellt, hat sich von der Realität abgekoppelt“, so Genth weiter. Das könne gefährliche Folgen haben. Zum einen würden durch untaugliche politische Maßnahmen Hoffnungen der Landwirte erneut enttäuscht. Und zum anderen würde der Markt womöglich unnötig und fehlgesteuert eingeschränkt. Am Ende müssen dann alle bis zum Endverbraucher im Supermarkt höhere Preise bezahlen, ohne dass es einen Mehrwert für die Landwirtschaft gebe. „Die Politik sollte weniger Energie auf die sinnlose Suche nach einem einfachen Sündenbock verschwenden. Die Landwirte haben es verdient, dass man sich mit ihnen über echte und erfolgsversprechende Lösungswege auseinandersetzt. Haltlose Scheinattacken gegen den Lebensmittelhandel helfen da nicht weiter“, so der HDE-Hauptgeschäftsführer.