Tag der Arbeit: Einzelhandel hält Beschäftigung stabil, warnt aber vor Gefahr von Fachkräftemangel und zu hohen Sozialversicherungsbeiträgen
- 30.04.2025
Zum Tag der Arbeit hebt der Handelsverband Deutschland (HDE) die Bedeutung des Einzelhandels als leistungsstarker und zuverlässiger Arbeitgeber und Ausbilder für den Wirtschaftsstandort Deutschland hervor. Gleichzeitig warnt der HDE davor, dass der anhaltende Fachkräftemangel und die Entwicklung der Sozialversicherungsbeiträge die stabile Beschäftigungssituation in der Branche zu gefährden drohen.
Wie aus aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervorgeht, waren zum Stichtag 30. September 2024 insgesamt mehr als 3,1 Millionen Menschen im Einzelhandel beschäftigt. Trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen ist die Gesamtbeschäftigung in der Branche laut BA im Vergleich zum Vorjahresstichtag (30. September 2023) damit auf hohem Niveau weiterhin stabil. Im Vergleich zur Zeit vor der Corona-Pandemie (Stichtag: 30. September 2019) ist die Beschäftigung in der Branche sogar um insgesamt mehr als 12.000 Stellen angestiegen.
„Der Einzelhandel ist und bleibt ein leistungsstarker Arbeitgeber, der den Menschen attraktive Jobs und Karrieremöglichkeiten in herausfordernden Zeiten auch in ländlichen Regionen verlässlich anbieten kann“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Allerdings gehe der Anteil der Vollzeitkräfte in der Branche seit geraumer Zeit zurück, im Vorjahresvergleich um 0,7 Prozent, was nur durch vermehrte Teilzeit kompensiert werden könne. Weil die Unternehmen die Stellen nicht mit entsprechend qualifiziertem Personal auffüllen konnten, blieben im Einzelhandel zuletzt rund 120.000 offene Stellen unbesetzt. „Die künftige Bundesregierung muss hier handeln und den Fachkräftemangel endlich angehen“, fordert Genth. Für den Einzelhandel als Branche mit besonders vielen weiblichen Beschäftigten wäre es wichtig, eine Kita- und Ganztagsschulbetreuung als Option an allen Werktagen bis 20 Uhr, auch samstags, bundesweit schnell zum Standard zu machen. Dass die künftige Bundesregierung zur Bewältigung des Fachkräftemangels auch internationale Fachkräfte beschleunigt anwerben möchte, sei richtig.
Zentral sei auch der von den Koalitionären angekündigte Wechsel von der starren täglichen zur wöchentlichen Höchstarbeitszeit entsprechend dem EU-Recht, auch dies erhöhe die Flexibilität und damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf effektiv. „Für den angekündigten Dialog zur konkreten Ausgestaltung mit den Sozialpartnern stehen wir als HDE natürlich gern zur Verfügung“, so Genth weiter. Die ebenso im Koalitionsvertrag angekündigte Steuerfreiheit von Mehrarbeitszuschlägen lehnt der HDE mit Blick auf die Tarifregelungen dazu in fast allen Branchen strikt ab. Insbesondere die angedachte Vollzeitdefinition von nur 34 Wochenstunden für tarifliche Regelungen sei nicht nachvollziehbar. Dies übe ganz gezielt Druck auf Tarifvertragsparteien aus und gehe auch wegen des Fachkräftemangels völlig am Ziel vorbei. Auch steuerfreie Prämien für Teilzeitkräfte bei Ausweitung der Arbeitszeit seien abzulehnen und kontraproduktiv, denn Vollzeitkräfte könnten ihre Arbeitszeit in der Folge sogar noch reduzieren, um so von den neuen steuerfreien Prämien profitieren zu können.
Damit der Handel weiterhin eine stabile Beschäftigung aufweisen kann, ist aus Sicht des HDE eine konsequente Deckelung der Sozialversicherungsbeiträge bei einer Obergrenze von 40 Prozent von großer Bedeutung. Zudem muss laut Verband eine politische Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro unterbleiben, da sie die Inflation anheizen und nicht zu Kaufkraftzuwächsen bei den Menschen führen würde. Vielmehr wäre ein ungebremster weiterer Anstieg der Sozialversicherungsbeiträge sowie des Faktors Arbeit insgesamt fatal für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Dies könne am Ende sogar zu einem massenhaften Abbau von Arbeitsplätzen führen, weil die Arbeitgeber etwa insbesondere im geringqualifizierten Bereich vermehrt in die Automatisierung von Arbeitsvorgängen investieren müssten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. „Die Zusage der neuen Bundesregierung im Koalitionsvertrag, die tatsächliche Entwicklung des Beitrages und des Bundeszuschusses im Jahr 2029 zu evaluieren, ist da nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung“, so Genth. Was es brauche, sei eine Stabilisierung der Beiträge in allen Zweigen der Sozialversicherung durch die öffentliche Hand sowie perspektivisch auch strukturelle Reformen, um die Systeme zukunftsfähig zu machen.