EU-Kommission präsentiert neue Gesetzesvorschläge zum Verbraucherschutz

Die Europäische Kommission führte in den vergangenen Jahren einen sog. Fitness-Check der bestehenden EU-Verbraucherschutzgesetzgebung durch, um zu überprüfen, ob die Bestimmungen noch auf dem neuesten Stand sind, ihren Zweck erfüllen oder etwaige Änderungen vorgenommen werden müssen. Im Juni 2017 wurden die Resultate dieser Untersuchung vorgestellt. Bereits damals kam man zu dem Schluss, dass die vorhandenen Richtlinien zwar weiterhin zweckdienlich sind, dass aber bei Verstößen gegen materiell-rechtliche Bestimmungen eine verschärfte Durchsetzung erfolgen müsse. Gestern präsentierte die Kommission nun mit einem Gesetzespaket das legislative Ergebnis und den Abschluss dieses Bewertungsverfahrens.

Das Paket (genannt: „New Deal for Consumers“) besteht aus zwei Gesetzesvorschlägen:

  1. Einer Omnibus-Richtlinie mit gezielten Änderungen an vier bestehenden Richtlinien aus dem Bereich des Verbraucherschutzes, der Richtlinie 2005/29/EWG über unlautere Geschäftspraktiken, der Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU, der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Vertragsklauseln und der Richtlinie 98/6/EG über Preisangaben. Die meisten Anpassungen beziehen sich hierbei auf die ersten beiden Richtlinien.
  2. Einer Komplettrevision der Richtlinie 2009/22/EG über Unterlassungsklagen, welche diese zu einem Instrument für Sammelklagen ausbaut.

Die wenigen, punktuellen Verbesserungen für Händler, sind leider in der Praxis nicht derart signifikant, als dass sie die überwiegend negativen Aspekte der beiden Vorschläge kompensieren könnten. Harmonisierte, umsatzbasierte, EU-weite Strafen von mindestens 4% würden den Handel mit seinen geringen Margen besonders hart treffen. Zudem sind behördliche Strafen bei Verbraucherrechtsverstößen dem effizient funktionierenden System der privaten Rechtssetzung in Deutschland fremd und stellen einen Systembruch dar. Die Durchsetzung des Verbraucherrechtes sollten den Mitgliedstaaten überlassen bleiben. Die Tatsache, dass es keine Strafen gibt oder diese gering ausfallen, bedeutet nicht, dass das Recht nicht effektiv durchgesetzt wird.

Solche Strafen würden zukünftig auch bei einem Verstoß gegen das Verbot von Doppelqualitäten verhängt werden können. Dabei sind Stakeholder zur Diskussion über Doppelqualitäten von Produkten weder befragt worden, noch existiert eine vernünftige Einordnung der Tragweite solcher mutmaßlicher Praktiken sowie der möglichen Folgen eines solchen Verbotes. Das Joint Research Center (JRC) der EU-Kommission entwickelt zur Zeit (unter der maßgeblichen Mithilfe des Handels) eine objektive, wissenschaftliche Methodologie, auf deren Basis bis Herbst 2018 erste Vergleichstests von Produkten durchgeführt und Ergebnisse erarbeitet werden sollen. Daher hatte sich die Kommission auch im Herbst 2017 entschieden nur Leitlinien für die nationalen Behörden zur veröffentlichen, zur Auslegung des existierenden und damals als ausreichend angesehenen Gesetzesrahmens. Warum sich diese Position der Kommission nun schlagartige geändert hat, ist nicht nachvollziehbar.

Das vorgeschlagene Modell zur Einführung einer Sammelklage lehnen wir ausdrücklich ab, da hier eine gefährlich Abkehr vom „opt-in“-Prinzip vollzogen wird. Repräsentative Schadensersatzklagen müssen als Voraussetzung haben, dass die Verbraucher bekannt sind. Zudem sollte die Definition einer klagebefugte Einrichtung entgegen des Vorschlags EU-weit einheitlich und streng geregelt sein, um zu verhindern, dass einzelne Mitgliedstaaten den EU-Markt für eine Klageindustrie öffnen.

Alle Gesetzesvorschläge aus dem New Deal for Consumers finden Sie hier.