Stellungnahme der Wirtschaftsverbände zur Anzeigepflicht für Steuergestaltungen
3.146.255.161Die EU-Kommission hat am 21. Juni 2017 einen Richtlinienvorschlag bezüglich des "verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Modelle" vorgelegt. Der Vorschlag zielt darauf ab, dass Intermediäre (z. B. Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte) und subsidiär die Steuerpflichtigen selbst die Finanzverwaltungen unaufgefordert über grenzüberschreitende, potenziell aggressive Steuergestaltungsmodelle informieren. Vorgesehen ist weiterhin, dass die Mitgliedstaaten der EU diese Angaben über eine zentrale Datenbank automatisch austauschen. Die acht Spitzenverbände der deutschen gewerblichen Wirtschaft haben zu diesem Vorschlag Stellung bezogen. Die Stellungnahme ist am 24. August 2017 an das Bundesfinanzministerium versandt worden.
Ausdrückliches Ziel des Richtlinienvorschlags ist, dass die Finanzverwaltungen frühzeitig vor Risiken im Bereich der Steuervermeidung gewarnt und in die Lage versetzt werden, Maßnahmen gegen entsprechende Steuergestaltungen zu ergreifen. Erfasst werden sollen grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle, die anhand bestimmter Merkmale als potenziell aggressiv eingestuft werden. Die Meldeverpflichtung trifft Intermediäre, die derartige Modelle zur Umsetzung und Nutzung anbieten, ebenso aber die beratene Person oder das beratene Unternehmen, soweit der Intermediär nicht in der EU niedergelassen ist oder Verschwiegenheitspflichten unterliegt. Meldepflichtig sind auch Unternehmen, wenn das Modell von internen Steuerberatern oder Anwälten eines Unternehmens entwickelt wurde.
Die Verbände betonen in ihrer Stellungnahme, dass sie das Ziel der EU-Kommission, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung zu verhindern, ausdrücklich begrüßen und unterstützen. Die nationalen Steuerbemessungsgrundlagen müssen gegen Aushöhlung geschützt und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen geschaffen und erhalten werden, die im europäischen Binnenmarkt tätig sind. Gleichwohl ist der Richtlinienvorschlag aufgrund verschiedener Punkte kritisch zu sehen:
- Die Kennzeichen und Merkmale, die ein grenzüberschreitendes, potenziell aggressives Modell definieren (und folglich zur Anzeigepflicht führen sollen) sind nicht ausreichend präzise. So soll z. B. bereits die Nutzung von Verlusten zur Verringerung der Steuerlast als Merkmal herangezogen werden. Die Nutzung von Verlusten ist eine fest im Steuerrecht verankerte Möglichkeit und sollte daher nicht pauschal als Kennzeichen für potenziell aggressive Steuermodelle gelten. Ohne Präzisierung der Merkmale droht eine "Anzeigenflut", da auch nicht-aggressive Modelle angezeigt würden. Dies ist weder im Interesse der Steuerpflichtigen (bzw. ihrer Berater) noch der Finanzverwaltung.
- Die EU-Kommission schlägt außerdem vor, die - ohnehin zu weit gefassten Merkmale - laufend zu aktualisieren. Dadurch droht Rechtsunsicherheit für die Steuerpflichtigen und die Anwendbarkeit der Vorschriften in der Praxis wird erheblich erschwert. Auf eine "laufende" Aktualisierung der Kennzeichen und Merkmale sollte daher verzichtet werden.
- Die vorgesehene Meldefrist (fünf Arbeitstage nach Umsetzung des Modells) wird als zu kurz angesehen und sollte mind. einen Monat betragen.
Mit Blick auf die Möglichkeit, dass die Meldepflicht von Intermediären auf die Steuerpflichtigen übergehen kann, sollte geregelt werden, dass Intermediäre bei der konkreten Planung bzw. Einführung eines Modells den Steuerpflichtigen auf seine Meldepflicht hinweisen müssen. - Der Richtlinienvorschlag sieht nicht vor, dass die Meldepflichtigen von den Steuerbehörden eine Rückmeldung erhalten, ob ihr Modell als aggressiv eingestuft wird oder nicht. Um die Rechtssicherheit für die Steuerpflichtigen zu stärken, sollten angezeigte Modelle von den Steuerbehörden gegenüber den Meldepflichtigen ohne unnötige Verzögerung hinsichtlich ihrer Einordnung als "aggressiv" oder "nicht aggressiv“ beurteilt werden.
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