HDE-Position zur Begrenzung von Barzahlungen

Vorbemerkungen

Bargeld ist ein wesentlicher Bestandteil im Zahlungsmix des Deutschen Einzelhandels. Nach wie vor wird ein erheblicher Anteil des Umsatzes in bar getätigt. Im Jahr 2020 (letzte vorliegende Zahlen) wurden laut EHI Retail Institute 41 % des Einzelhandelsumsatzes in bar abgewickelt. Die Studie „Zahlungsverhalten in Deutschland 2020“ der Bundesbank belegt zudem, dass 60 Prozent aller Transaktionen in bar getätigt werden. Die Zahlungen verdeutlichen, welchen Stellenwert Bargeld in der Bevölkerung nach wie vor einnimmt und welche Wertschätzung der Barzahlung zugestanden wird.

Trotz der nach wie vor hohen Bedeutung in der Bevölkerung steht der Umgang mit Bargeld derzeit im Fokus der Medien und der Politik. Dabei geht regelmäßig die Initiative nicht von Verbrauchern aus. Politische Maßnahmen und gesellschaftliche Entwicklungen in anderen europäischen Ländern werden häufig angeführt, um auch in Deutschland ähnliche Kampagnen zu starten. Beispiele wie die komplette Abkehr vom Bargeld in Schweden oder die starke Begrenzung von Barzahlungen in Italien und anderen Ländern sorgen dafür, dass der Eindruck gestärkt wird, der Umgang mit Bargeld soll erschwert werden zugunsten unbarer Zahlung, um damit eine bessere Aufklärung illegaler Aktivitäten zu ermöglichen oder sogar finanzpolitische Maßnahmen umsetzen zu können (Stichwort Negativzins). 

Tatsächlich steht in der realen politischen Diskussion die Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung im Vordergrund. Insbesondere die Einführung einer Bargeldobergrenze soll hier zur Erreichung der Ziele dienen. Im Gespräch steht derzeit die Obergrenze von 10.000 Euro, bei deren Überschreitung eine Barzahlung nicht mehr möglich sein soll.

Der Handelsverband Deutschland (HDE) unterstützt voll umfänglich den Ansatz zielführender Maßnahmen zur Verhinderung und Aufklärung von illegalen Aktivitäten, insbesondere bei Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Dabei sollte jedoch immer eine ausgewogene Abwägung zwischen erwarteter Wirkung der Maßnahmen auf den Geschäftsverkehr und der Zielerreichung erfolgen. Dazu ist eine umfängliche Ursachen- und Wirksamkeitsanalyse erforderlich, bevor Maßnahmen getroffen werden.

Zudem ist eine belastbare Aussage der Politik notwendig, dass nicht die Abschaffung bzw. Beschränkung des Bargeldes zur Kontrolle von allgemeinen Finanzströmen ein langfristiges Ziel darstellt, sondern jegliche Maßnahmen ausschließlich auf die Ziele der Verhinderung von Geldwäsche aus organisierter Kriminalität und Terrorismusfinanzierung ausgerichtet sind.

In diesem Zusammenhang wird oftmals auch die Frage nach einer Verhinderung von Steuerbetrug aufgeworfen, die ein weiterer Ansatz sei, um Finanzströme zu kontrollieren. Hier sollte jedoch relativiert werden und beide Thematiken getrennt voneinander betrachtet werden, da andere Ursachen zugrunde liegen und ggf. andere Maßnahmen weitaus wirksamer sein können.

Die Nutzung von Bargeld im Einzelhandel
Wie erwähnt besitzt die Barzahlung eine herausragende Stellung im Einzelhandel sowie grundsätzlich in der Gesellschaft. Diese Position darf nicht durch Maßnahmen gefährdet werden. Die hier betrachtete Barzahlung größerer Beträge ist dabei durchaus relevant. Einerseits sind Geschäftsvorfälle zu berücksichtigen, die tatsächlich aus gutem Grund auch in höheren Beträgen in bar getätigt werden können. Andererseits kann eine Beschränkung der Barzahlung als Signal des Gesetzgebers für eine Lenkungswirkung hin zu unbaren Zahlungen und einer verstärkten Kontrolle des Verbrauchers interpretiert werden.

  1. Vorteile der Barzahlung bei höheren Beträgen:
    Gerade bei Zug-um-Zug-Geschäften bietet die Barzahlung eine einfach zu erreichende Sicherheit für beide Vertragspartner gegen Betrugsabsichten. Wenn die Zahlungsfähigkeit vorliegt und durch Vorzeigen des Betrages nachgewiesen wurde, kann die Übergabe des Gutes erfolgen. Bei einer Barzahlung besteht gerade bei höheren Beträgen daher nicht der Bedarf einer Risikobereitschaft des Händlers oder eines Solvenznachweises durch den Zahler. Zudem ist die Barzahlung unabhängig von technischen Hilfsmitteln und kann jederzeit und an jeder Stelle erfolgen. Es bestehen derzeit kaum geeignete Alternativen zur Barzahlung, die einen ähnlichen nutzen zeigen. Klassische Kartenzahlungen unterliegen oftmals einem Limit oder sonstigen risikomindernden Beschränkungsfaktoren (z.B. Sperrung bei ungewöhnlichem Konsumverhalten), die möglicherweise dem Karteninhaber nicht bekannt sind und gerade bei herausragenden Transaktionen greifen könnten.
  2. Bargeld als effizientes Zahlungsmittel
    Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel besitzt einen positiven Ruf. Es gilt als überall akzeptiert und jederzeit einsetzbar. Barzahlung erfordert keinen Kommunikationsaufwand zwischen Zahler und Zahlungsempfänger, der bei der Verabredung von alternativen unbaren Zahlungsmitteln zwangsläufig in Form von Abgleich der vorhandenen Zahlungsoptionen auf beiden Seiten erfolgen muss. Barzahlung gilt daher als einfaches, unkompliziertes und zudem diskriminierungsfreies Zahlungsmittel. Dieser Ruf darf nicht beschädigt werden durch Maßnahmen, die einschränkend wirken.
  3. Bargeld als sicheres Zahlungsmittel
    Unbare Zahlungsverfahren sind auf eine zuverlässige und jederzeit erreichbare Infrastruktur angewiesen. Ausfälle der Autorisierungs- und Abwicklungssysteme haben in den vergangenen Jahren oftmals zu Problemen an den Kassen geführt. Hier war die Barzahlung die letzte Möglichkeit zu verhindern, dass Einkaufskörbe stehen gelassen wurden. Auch Cyberangriffe auf die kritische Zahlungsinfrastruktur können mit der Verwendung der Barzahlung zumindest abgemildert werden. Bargeld dient also als Notfall- und Backup-System und muss diesen Stellenwert behalten.
  4. Barzahlung bietet Vertraulichkeit
    In diesem Hinblick muss auch auf den Wunsch nach Vertraulichkeit der Verbraucher hingewiesen werden. Bargeld bietet die Option, vertrauliche Zahlungen ausführen zu können, die eben nicht anderen Personen bekannt werden sollen, die möglicherweise Zugriff auf das Bankkonto haben, wie Bankberater oder Bevollmächtigte. Der Kauf eines Schmuckstückes für den Geburtstag der Ehefrau mag hier nur ein plakatives Beispiel sein. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist und bleibt ein Grundbedürfnis, das nicht angetastet werden darf.

HDE-Position: Der Ruf der Barzahlung darf nicht beschädigt werden. Der Gesetzgeber ist hier gefragt, mit entsprechenden Maßnahmen den Befürchtungen über eine stärkere Kontrolle der Finanzströme des Verbrauchers wirksam entgegenzutreten. Jegliche Diskussionen um die Einführung einer Bargeldobergrenze sind hierbei nicht zielführend.

Zudem sollten zunächst unterstützende Maßnahmen zur Verbesserung der Praktikabilität alternativer unbarer Zahlungsarten getroffen werden. Dazu gehört eine verstärkte Aufklärung über mögliche Limitsteuerungen bei Kartenzahlung sowie die Unterstützung des Gesetzgebers bei der Umsetzung von sogenannten Instant Payment-Systemen auf europäischer Ebene. Instant Payment kann ein Ersatz für Barzahlungen im Zug-um-Zug-Geschäft werden und sowohl im Internet und im stationären Handel (PoS) einsetzbar sein. Der notwendige SEPA-Standard wurde bereits erarbeitet und in Kraft gesetzt; er sollte nun vom Gesetzgeber aktiv begleitet werden mit dem Ziel, eine echte Alternative für Barzahlung zu schaffen. Der unbare Zahlungsverkehr muss insgesamt kostengünstig, effizient und einfach gestaltet werden. Die Aufgabe des Gesetzgebers besteht darin, verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen und wettbewerbsrechtliche Hürden zu beseitigen. Die Förderung unbarer Zahlungsmittel ist der beste Weg, um Bargeld langfristig eine praktikable Alternative entgegen zu setzen.

Zur Relevanz einer Bargeld-Obergrenze bei der Kriminalitätsbekämpfung
Die derzeit diskutierten Vorschläge beschreiben die Einführung einer Barzahlungshöchstgrenze für jegliche Art von Geschäften zur Verhinderung von Geldwäsche.

Die Aufnahme eine Bargeldobergrenze wirft mehrere Fragen auf, die bislang nicht belastbar beantwortet wurden und daher zunächst untersucht werden sollten, bevor eine Maßnahme erfolgt:

  • Welche Güterarten bzw. welche Branchen sind besonders von Geldwäscheaktivitäten betroffen, um derartige Gewinne zu verschleiern?
  • Wie hoch ist der Beitrag des Güterhandels (Verkauf von Gebrauchsgütern), um Gewinne aus schweren Straftaten zu verschleiern?
  • In welchem Maße kann eine Bargeldobergrenze wirksam sein? Welche Ausweichoptionen könnten der Zielerreichung entgegenwirken?

Bereits ohne fundierte Nachweise lässt sich vermuten, dass bei weitem nicht alle Bereiche des Handels durch Geldwäschetätigkeiten missbraucht werden. Weite Teile des Handels mit Gütern des täglichen Bedarfs stehen sicher nicht in Verdacht, Geldwäsche zu unterstützen. Es ist daher zunächst zu ermitteln, welche Arten von Gütern für Zwecke der Geldwäsche geeignet sind und genutzt werden. Nur für diese Geschäfte sind dann Maßnahmen gerechtfertigt. Frühere Äußerungen der Ermittlungsbehörden nennen vor allem den Handel mit Kunst/Antiquitäten, Pferdehandel und den Kfz-Handel als besonders relevant. Sollten tatsächlich nur wenige Branchen in Betracht kommen, empfiehlt sich die Konzentration der Maßnahmen auf diese.

Neben der Frage nach der Art der Güter ist zu hinterfragen, ob nennenswerte Anteile an Geldwäschefällen im Güterhandel stattfinden. Die Aussage, dass nur wenige Verdachtsmeldungen aus dem Handel kommen, ist für sich genommen nicht beunruhigend. Erst wenn nachgewiesen würde, dass eine relevante Anzahl von Fällen unentdeckt bleibt, weil Verdachtsmeldungen unterbleiben, können Maßnahmen gerechtfertigt sein. Belastbare Ergebnisse liegen derzeit u.E. nicht vor.

Schließlich muss hinterfragt werden, ob eine Bargeldobergrenze umgangen werden kann. Werden Zahlungen gesplittet oder weniger werthaltige Güter erworben? Werden Straftäter auf unbare Zahlungsmittel ausweichen, die ebenfalls eine Anonymität bieten? Nicht nur Bitcoins und anonyme Wertkarten sind hier zu nennen sondern ebenfalls (ahnungslose) Agenten oder Überweisungsketten.

HDE-Position: Zunächst muss eine umfassende Analyse auf Basis von belastbaren Daten und Studien die Relevanz des Güterhandels als Möglichkeit zur Geldwäsche bei schweren Straftaten und Terrorismusfinanzierung belegen. Mögliche Maßnahmen müssen daraufhin mit Augenmaß erfolgen und zielgerichtet nur auf betroffene Güterarten oder Branchen wirken. Zudem sollten Ausweichoptionen berücksichtigt werden, die die Wirksamkeit beeinträchtigen könnten.

Regulierung muss europaweit gelten
Verbraucher von Gütern aus dem Luxussegment mit hohem Wert sind überaus mobil. Sollte eine Bargeldobergrenze national eingeführt werden, besteht die Gefahr einer Abwanderung in andere Länder. Insbesondere Touristen aus Ländern mit traditioneller Bargeld-Affinität könnten ihre Pläne ändern und in anderen Ländern einkaufen. Deutsche Händler in diesen Segmenten könnten standortbedingte Nachteile erleiden.

HDE-Position: Eine mögliche Maßnahme muss europaweit erfolgen, um zu verhindern, dass touristische Einkäufe in andere Länder ohne Begrenzung abwandern. Insofern ist die Umwidmung der Rechtsgrundlage von der Geldwäscherichtlinie als europaweit direkt geltende EU-Verordnung sowie die Schaffung einer europäischen Behörde grundsätzlich positiv zu betrachten und kann dazu führen, dass ein einheitliches Vorgehen gegen kriminelle Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erreicht wird.

HDE-Position zu möglichen Bargeldobergrenzen
Wie bereits dargelegt, sind Maßnahmen gegen die Verschleierung von Gewinnen aus schweren Straftaten unerlässlich und werden seitens des Handels und des HDE unterstützt, wenn eine Verhältnismäßigkeit besteht. Erst wenn diese nachgewiesen und die Relevanz wie oben gefordert gegeben ist, sollten weitere Überlegungen stattfinden.

Das bestehende Geldwäschegesetz (GwG) sieht bereits heute vor, dass Verpflichtete – worunter auch Güterhändler zu zähen sind – bei Barzahlungen über einem Betrag von 10.000 Euro besondere Sorgfaltspflichten zu berücksichtigen haben. Darunter zählt die Feststellung der Identität des Vertragspartners, die Einholung von Angaben über den wirtschaftlich Berechtigten und eine Meldepflicht bei Verdacht auf eine vorliegende Straftat. Es bestehen also bereits umfangreiche Vorgaben, die dem Ziel der Geldwäscheprävention dienen.

Der HDE ist der Ansicht, dass die bisherigen Regelungen und vor allem die mit der EU-Verordnung zu erwarteten Verschärfungen ausreichen, um wirksam gegen Geldwäsche vorzugehen. Vor diesem Hintergrund spricht sich der HDE gegen eine Begrenzung der Barzahlung aus. Der Einzelhandel ist sich seiner Verantwortung durchaus bewusst und befasst sich mit den entsprechenden geforderten Sorgfaltspflichten. Es sollte zudem darüber nachgedacht werden, dem Zahlungsempfänger geeignetere Mittel an die Hand zu geben, um seinen Pflichten nachkommen zu können.

Die meisten Zahlungen des Alltages erscheinen als nicht geeignet, um schwere Straftaten zu verschleiern oder Terrorismus zu fördern, auch jenseits der diskutierten Obergrenze.

Sollte sich im Zuge der Untersuchungen zur Relevanz des Güterhandels ergeben, dass bestimmte Branchen besonders betroffen sind, könnten für diese besondere Anforderungen definiert werden. Zudem sollten für Güterhändler, die auf die Barzahlung auch höherer Beträge nicht verzichten wollen, eine Ausnahmeregelung vorgesehen werden, wenn diese sich zu besonderen Sorgfaltspflichten bereiterklären.

Vor allem sollte aber der Gesetzgeber die Bedeutung des Bargeldes gesetzlich festschreiben und gegen Begehrlichkeiten der allgemeinen Finanzkontrolle absichern. Damit könnte er den Anforderungen der Gesellschaft nach dem Erhalt eines anonymen Zahlungsmittels nachkommen und den Bedenken einer Abschaffung entgegentreten.

Fazit
Nach derzeitiger Informationslage muss die Wirksamkeit einer Bargeldobergrenze von 10.000 Euro angezweifelt werden. Es bedarf zusätzlicher Analysen über die tatsächliche Wirksamkeit insbesondere im Güterhandel, bevor weitreichende und beschränkende Maßnahmen in diesem Sektor ergriffen werden. Sollte sich belastbar ein Handlungsbedarf ergeben, ist eine europaweite Lösung notwendig. Es bedarf zielgerichteter Maßnahmen mit Augenmaß, um mögliche Beschränkungen möglichst wenig belastend für die Wirtschaft umzusetzen. Mit den derzeitigen Regulierungen zur Geldwäsche sieht der HDE ausreichende Maßnahmen getroffen, die eine Verschleierung schwerer Straftaten und Terrorismusfinanzierung wirksam aufdecken können. Die Fassung in einer europäischen Verordnung wird als positiv eingeschätzt und kann dazu führen, dass ein einheitliches Vorgehen gegen kriminelle Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erreicht wird.

Insbesondere gilt aber auch, dass die Förderung von Alternativen zum Bargeld im Vordergrund stehen muss, bevor eine Beschränkung der Barzahlung in Angriff genommen werden kann. Die Unterstützung der Umsetzung eines praktikablen Instant Payment-Verfahrens könnte beispielsweise Barzahlungen langfristig ersetzen. Zum heutigen Zeitpunkt ist nicht sichergestellt, dass alternative Zahlungsmittel in der Lage sind, auch hohe Barzahlungen zu ersetzen, da zu häufig ein Betragslimit oder sonstige Beschränkungen bestehen. Der HDE lehnt daher eine Bargeldobergrenze ab.