Erstkommentierung der Pläne der Kommission über eine Beschränkung der Interbankenentgelte für den Handel
3.137.179.203- Der Handelsverband Deutschland e.V. (HDE) kämpft seit langem gegen die ungerechtfertigt hohen Gebühren, die Handelsunternehmen bei jeder Kartentransaktion an die Bank des Karteninhabers zahlen müssen.
Der europäische Handelsverband EuroCommerce hatte bereits vor über 16 Jahren eine Beschwerde gegen Mastercard und Visa eingereicht, der HDE hat Ende 2005 eine ähnliche Beschwerde national beim Bundeskartellamt eingereicht. Während es auf europäischer Ebene und in weiteren europäischen Ländern inzwischen Entschlüsse und Verfahren zu der Klage gibt, sind in Deutschland auf die HDE-Beschwerde hin noch keine Entscheidungen gefallen. - Aus Sicht des HDE sind die sogenannten Interchangegebühren wettbewerbsrechtlich nicht statthaft, da sie innerhalb der Kreditwirtschaft nach monopolistischen Vorgehen festgelegt werden und für den Handel nicht verhandelbar sind.
- Bislang zahlen alle Kunden die anfallenden Kosten der Kartenzahlung, da der Handel alle Kostenpositionen auf die Endpreise umlegen muss. Daher finanzieren z.B. die Kunden, die bar zahlen, die Bonusprogramme der Kreditkartenzahler faktisch mit. Die Interchangegebühren tragen dazu bei, dass eine Kostentransparenz bei den Verbrauchern nicht bestehen kann. Zudem sind Regulierungen der Kartenorganisationen schädlich, die dem Handel die Akzeptanz aller Karten (HACR= honour all cards rule) oder die Weitergabe von Entgelten bei Nutzung einer Karte (NDR= non discrimination rule) verbieten.
- Händler haben heute kaum eine Chance, ohne Kartenakzeptanz auszukommen, in vielen Branchen ist der Wettbewerbsdruck erheblich und die Kartenakzeptanz wird vom Kunden erwartet. Somit bleibt nur, die Kartenkosten auf alle Kunden umzulegen. Eine Absenkung der Gebühren käme daher allen Kunden zugute. Eine Deckelung der Gebühren würde im Handel Kostensenkungspotential ergeben. Kreditkartenverträge könnten unter dem Wissen von gefallenen Kosten auf Anbieterseite zu günstigeren Konditionen abgeschlossen werden. Dieser Kostenvorteil kann an die Kunden weitergegeben werden. Der o.g. Wettbewerbsdruck sorgt dafür, dass dies geschieht.
- Zudem ist mit einer Deckelung der Interchangegebühren absehbar, dass sich die Zahl der Akzeptanzstellen in Deutschland erhöhen wird. Branchen, die sich bis heute der Akzeptanzpflicht entziehen konnten, weil sie von den Kunden noch nicht erwartet werden, sind tendenziell eher bereit, Karten zu akzeptieren. Ein Beispiel sind Bäckereien.
- Der sich abzeichnende Vorschlag einer Deckelung der Interchangegebühren bei 0,2 % für Debitkarten und 0,3 % für Kreditkarten ist daher insgesamt ein guter und notwendiger Schritt in die richtige Richtung. Damit wären der monopolistisch getriebenen Preispolitik der Kreditwirtschaft erstmals wirkliche Grenzen gesetzt.
- Bislang sind in Deutschland Interchangegebühren von durchschnittlich 1,5 Prozent üblich. Mit einer Absenkung wäre eine wirkliche Erleichterung absehbar. Aber es muss darauf geachtet werden, dass die Entgeltsenkungen nicht an anderer Stelle wieder aufgeschlagen werden, z.B. durch erhöhte Lizenzgebühren der Vertragsbanken des Handels. Die Ausgestaltung und strikte Anwendung des Umgehungsverbots (Artikel 5) ist daher von besonderer Bedeutung.
- Wir zweifeln aber nach wie vor an, dass eine Entgeltfestsetzung nach bisherigem Schema – trotz Deckelung - wettbewerbsrechtlich überhaupt statthaft ist. Daher ist es schade, dass die Kommission von den bisherigen Plänen eines vollständigen Verbots abweicht und offenbar „nur“ eine Deckelung vorsieht. Letztendlich wird auf diese Weise die Vereinbarkeit von Interbankenentgelten mit dem Wettbewerbsrecht nicht endgültig beantwortet.
- Für einen wirklich offenen und transparenten Wettbewerb sind weitere Schritte notwendig. Die Deckelung erscheint zunächst willkürlich und erscheint in der Höhe angreifbar. Es ist nicht nachvollziehbar, warum gerade 0,2% für Debitkarten und 0,3% für Kreditkarten festgelegt werden. Auch die Definitionen von Debit- und Kreditkarten erscheint konkretisierungswürdig. Letztendlich ist auch nicht argumentiert worden, warum der Handel mehr für Kreditkartentransaktionen zahlen sollte als für Debitkarten, wenn ihm dadurch kein zusätzlicher Nutzen entsteht. Argumente, dass ein höherer Konsum stattfindet, wenn der Kunde mit Kreditfunktion bezahlt, sind ebenso fragwürdig, wie das Argument, dass er Konsum vorzieht, wenn er statt bar mit Karte zahlt.
- Ein weiterer notwendiger Schritt ist daher aus Sicht des HDE das vollständige Verbot der Interbankenentgelte. Nur eine transparente Entgeltgestaltung innerhalb dieses zweiseitigen Marktes ermöglicht eine gerechte und transparente Aufteilung der Gebühren. Transparenz entsteht, wenn jede Marktseite nur auf der jeweiligen eigenen Seite einwirken kann: Einerseits bieten die Kartenausgebenden Institute (Issuer) gegenüber ihren Kunden entsprechende Preisstrukturen an, andererseits bieten die Banken der Akzeptanzseite (Acquirer) ihren Geschäftskunden gegenüber eine Preisgestaltung an. Quersubventionierungen wären verboten.
- Kann sich die Politik nicht zum vollständigen Verbot entschließen, müssen die die Prozesse weiter entbündelt werden, auch für Karten, die unter die Anwendung der Regulierung fallen: Das heißt, Prozesse wie die Pflicht zur Akzeptanz aller Karten eines Anbieters müssen entfallen. Die Businesskarten eines Anbieters sind für den Handel i.d.R. deutlich teurer als die Consumer-Karten. Der Handel hat keine Möglichkeit, diese nicht zu akzeptieren, da eine Kommunikation mit dem Kunden am PoS regelmäßig nicht in dieser Tiefe möglich ist. Gleiches gilt für die Weitergabe von Kosten je Zahlungsart.
- Ein weiterer Punkt aus Sicht des Handels zur Förderung von mehr Wettbewerb ist die Dominanz der derzeitigen Kartenherausgeber. Ist erst einmal eine breite Markteinführung erfolgt, wie dies im Fall der großen Kartensysteme der Fall ist, sind weitere Markteintritte kaum mehr möglich. Entsprechende Netzwerkeffekte nutzen sich daher ab. Kartenherausgeber sollten daher dazu verpflichtet werden, auf jeder Karte auch eine Basiszahlung zu ermöglichen. Diese würde zwischen dem Kunden und dem Handel optional vereinbart werden können. Bei der Zahlung würde zunächst auf alle kostentreibenden bisherigen Zusatzdienste wie Bonusprogramme/Meilen Versicherungen und Zahlungsaufschub (Kredit) verzichtet. Wünscht der Kunde eines oder alle der Services, muss er diese entweder selbst übernehmen. Alternativ kann der Händler entsprechende Kosten für die Services übernehmen. Alles, was eine Kreditkarte ausmacht, wäre so zwischen Kunde und Handel verhandelbar. Die Basiszahlung stellt sicher, dass trotz fehlender Markteintritte neuer Anbieter eine Ausnutzung der Marktstärke unterbleibt. Der „Basisnutzen“ einer Zahlkarte wäre damit kosteneffizient gesichert, Wettbewerb könnte auf Basis der angebotenen Zusatzdienste erfolgen.
18.9.2013
Kontakt:
Ulrich Binnebößel
Handelsverband Deutschland e.V. (HDE)
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