Arbeitszeiterfassung: HDE kritisiert zusätzliche Bürokratie und vermisst Reform des Arbeitszeitrechts
„Die vorgesehenen Regelungen stehen weder im Einklang mit der im Koalitionsvertrag vereinbarten Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts noch mit den heutigen Interessen der Beschäftigten und Arbeitgeber an flexiblen Arbeitszeitmodellen“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Der Entwurf aus dem BMAS sei daher äußerst problematisch. „Die geplanten Änderungen gehen weit über die vom Europäischen Gerichtshof und vom Bundesarbeitsgericht gesetzten Anforderungen an eine Arbeitszeiterfassung hinaus“, so Genth weiter. Für Handelsunternehmen hätten sie in schwierigen und noch immer ungewissen Zeiten unnötige Belastungen zur Folge. Auch die geplanten Ausnahmeregelungen für die Tarifvertragsparteien seien zu begrenzt und hätten in der Praxis wohl wenig Relevanz. Stattdessen bedürfe es Öffnungen für Betriebsvereinbarungen und auch Individualvereinbarungen.
Der am Dienstag bekannt gewordene Referentenentwurf des BMAS sieht eine grundsätzliche Pflicht des Arbeitgebers vor, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch aufzuzeichnen und diese Arbeitszeitnachweise mindestens zwei Jahre aufzubewahren. Auch eine Aufzeichnung durch den Arbeitnehmer wäre demnach zulässig. Wenn die Aufzeichnung durch den Arbeitnehmer erfolgt und der Arbeitgeber auf die Kontrolle der vertraglichen vereinbarten Arbeitszeit verzichtet, hat dieser durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass ihm Verstöße gegen das Arbeitszeitrecht bekannt werden. „Die strengen Vorgaben zur Form und zur Frist der Arbeitszeitaufzeichnung bedeuten insbesondere für kleinere und mittelständische Unternehmen unnötige zusätzliche Bürokratie. Diese immer neuen Belastungen sind ihnen nicht mehr zuzumuten“, betont Genth. Die Möglichkeit zur Delegation der Arbeitszeiterfassung auf den Arbeitnehmer sei zwar grundsätzlich zu begrüßen, jedoch bleibe es nach der aktuellen Entwurfsbegründung letztlich bei einer vollumfänglichen Aufzeichnungs-, Kontroll- und Aufbewahrungspflicht. „Als Vertrauensarbeitszeit, zu der sich die Ampel-Koalition im Koalitionsvertrag eigentlich bekannt hatte, kann man diese vermeintliche Ausnahmeregelung nicht bezeichnen“, so Genth weiter.