Nationaler SEPA-Rat kann nicht auf Bedürfnisse des Handels eingehen
31. Mai 2011
„Der Einzelhandel kann derzeit nicht zielführend über eine Migration der alten Zahlungssysteme in neue SEPA-Verfahren diskutieren. Denn wo keine neuen Produkte sind, kann schlichtweg nicht über eine Nutzung gesprochen werden.“ Im Vorfeld des heute erstmals tagenden Deutschen SEPA-Rates kritisierte Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes HDE, fehlende Alternativen für effiziente Zahlungen am Point of Sale auf europäischer Ebene. „Für das elektronische Lastschriftverfahren ELV, dem Bezahlen mit Bankkarte und Unterschrift, gibt es nach wie vor kein vergleichbares Angebot auf SEPA-Ebene. Wir erwarten, dass die Kreditwirtschaft hier Angebote entwickelt, die dem Vergleich mit den derzeitigen Produkten standhalten. Erst dann ist der Handel bereit, über eine Ablösung der Altverfahren zu sprechen“, machte Genth deutlich. Der Deutsche SEPA-Rat wurde heute erstmalig unter Leitung des Bundesfinanzministeriums und der Deutschen Bundesbank einberufen. Ziel des Rates ist es unter anderem, den SEPA-Migrationsprozess zu begleiten und zu unterstützen.Genth: „Die deutsche Kreditwirtschaft hat immer wieder betont, dass im Resteuropa keine mit dem ELV vergleichbaren Zahlungssysteme existieren und es somit kaum möglich sei, eine SEPA-Alternative zu schaffen. Wir glauben jedoch, dass das ELV eine Chance hat, auf ein europäisches System weiterentwickelt zu werden. Warum sollten nicht auch die Nutzer in anderen Ländern von diesem erfolgreichen System überzeugt werden können?“ Der HDE-Chef betonte, dass die technischen Beschreibungen längst vorhanden seien und eine Integration in die kreditwirtschaftlichen Prozesse kein Problem darstelle. Allerdings sei das Interesse der Bankenwelt an einer Umsetzung verständlicherweise gering, so Genth: „Die Banken würden mit der Beteiligung an einem solchen offenen System Konkurrenz zu den eigenen Zahlungsmitteln zulassen. Und ein ‚Euro-ELV’ wäre weitaus kostengünstiger als die eigenen Modelle.“ Genth sieht daher sowohl die Bundesbank als auch das Finanzministerium gefordert, die Chancen und Möglichkeiten eines europäischen Systems auf Grundlage des ELV zu erkennen und in Europa dafür zu werben: „Es gäbe hier eine Gelegenheit, nicht immer nur mehr Wettbewerb einzufordern, sondern die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, damit bankenferne effiziente Systeme entstehen können.“
Zum elektronischen Lastschriftverfahren ELV:
Das ELV ist in Deutschland eines der wichtigsten unbaren Zahlungsmittel. Insgesamt werden 12,3 Prozent des Einzelhandelsumsatzes über ELV abgewickelt. Bei dem System übernimmt im Unterschied zu bankennahen Kartenzahlungen das Handelsunternehmen das Risiko eines Zahlungsausfalls. Der Kunde kann die Zahlung in Form einer Rücklastschrift jederzeit zurückgeben. Als offenes System nutzt ELV zur Abwicklung derzeit das deutsche Einzugsermächtigungsverfahren.