Kartenzahlung im Einzelhandel
3.144.42.174November 2005
Kartenzahlung im Handel
Wie möchten Sie zahlen? Diese Frage gehört heute fast zum Standardrepertoire eines Verkaufsgespräches wenn es um das Bezahlen an der Ladenkasse geht. Viele Zahlungssysteme konkurrieren um die Gunst des Käufers bzw. Händlers. Keine Frage ist jedoch: nach wie vor ist das liebe Bargeld das bevorzugte Zahlungsmittel des Kunden. Einer Studie des EuroHandelsinstituts EHI mit Unterstützung des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels HDE zufolge wurden im Jahr 2004 immerhin noch 64,9 Prozent des Gesamtumsatzes mit Bargeld abgewickelt.
Mehr Kartenzahlungen
Doch der Trend zum Plastikgeld ist unverkennbar: Lagen die Kartenzahlungen im Jahr 1994 noch bei 6,2 Prozent, so hat sich der Anteil am Umsatz bis zum Jahr 2004 mit 31,6 Prozent mehr als verfünffacht. Der Anteil von Bargeld (inklusive Euroscheck) ging entsprechend von 87 Prozent im Jahr 1994 um über ein Fünftel auf 64,9 Prozent im vergangenen Jahr zurück. Die Gründe für diesen Trend sind wohl ebenso vielfältig, wie die Alternativen zum Bargeld. Sei es die zunehmende Gewöhnung der Kunden an Karten, die Angst vor Falschgeld, die Erkenntnis der Sicherheit unbarer Zahlungsmittel oder die einfache Handhabung der Kartenzahlung bei Kunden und Händler, Kartenzahlungen werden immer beliebter.
Für den Händler stellen sich entsprechende Fragen, wie er diesem Trend gerecht werden kann: welche Zahlungssysteme muss ich anbieten, um den Kunden zu befriedigen? Welche Kosten entstehen mir? Welche Zahlungsarten sollen bevorzugt eingesetzt werden? Welche Risiken gibt es und wie kann ich ihnen begegnen? Wie sieht die Zukunft aus?
Auch wenn einige Fragen nicht
abschließend beantwortet werden können, soll im folgenden
versucht werden, die wichtigsten elektronischen Zahlungsmittel
näher zu beleuchten und Trends aufzuzeigen. Dabei sollen
Kosten und Risiken der einzelnen Systeme sowie künftige
Entwicklungen im Vordergrund stehen.
Die verschiedenen Zahlungsarten unterliegen jeweils
unterschiedlichen Systemkosten. Damit werden die Kosten
beschrieben, die direkt dem einzelnen Zahlungsmittel zuzuschreiben
sind. Nicht inbegriffen ist hier der technische Aufwand wie
insbesondere Kosten für das Terminal und den
Netzbetrieb.
Auf dem deutschen Markt gibt es folgende elektronische Zahlungsverfahren:
- Elektronisches Lastschriftverfahren (ELV)
- electronic cash (mit und ohne Chip) und Maestro
- Kreditkarten
- POZ (Point of Sale ohne Zahlungsgarantie)
- GeldKarte
- Handelskarten
Eine Kostenübersicht der Zahlungsarten finden Sie unten.
Das Elektronische Lastschriftverfahren (ELV) ist das im Handel gebräuchlichste unbare Zahlungsverfahren. Auch beim Kunden ist dieses Verfahren sehr beliebt, da lediglich Karte und Unterschrift notwendig sind und keine Geheimnummern gemerkt oder im offenen Kassenbereich eingegeben werden müssen. Im Jahr 2004 wurde 16,9 Prozent des Umsatzes im Handel nach dem ELV-Verfahren abgewickelt. Der Vorgang ist denkbar einfach: mittels einfachem Auslesen des Magnetstreifens der Bankkarte werden Bankleitzahl und Kontonummer des Kunden in ein Lastschriftformular übertragen, ausgedruckt und vom Kunden unterschrieben. Dabei wird eine einfache Einzugsermächtigung erstellt, die der Händler bei seiner Bank einreicht. Es entstehen keine weiteren Systemkosten. Im Normalfall zieht nun die Bank des Händlers den Betrag bei der Bank des Kunden ein und schreibt es dem Händlerkonto gut. In der Praxis gibt es allerdings einige Risikofaktoren. So gibt es für den Händler keine Garantie, dass die Zahlung tatsächlich erfolgt. Grund dafür ist die Möglichkeit der Rücklastschrift entweder durch die fehlende Deckung des Kundenkontos oder durch die Sperrung der Karte durch die Bank wegen Kartenverlust. Die Ausfallraten beider Fälle summieren sich mittlerweile auf 0,123 Prozent vom Lastschriftumsatz. Deutlich angestiegen auf rund 0,5 % sind auch die vorläufigen Ausfälle (Rücklastschrift-Quote). Damit können zwar immer noch ca. vier von fünf Rücklastschriften durch Mahnung, Inkasso etc. wieder eingebracht werden, doch ist dies mit einem erheblichen Zeit- und Kostenaufwand verbunden. Nicht zuletzt sind daran auch die Banken schuld, die Auskunftsersuchen des Händlers nach Namen und Anschrift des Kunden sehr restriktiv behandeln, indem hohe Gebühren verlangt werden oder gar die Auskunft trotz vorhandener Unterschrift des Kunden ganz verweigert wird.
Zumindest aber im Falle einer Kartensperrung wegen Kartenverlust zeichnet sich eine Besserung ab: KUNO, ein Informationssystem zwischen Polizei und Handel verspricht die schnelle Sperrung verloren gemeldeter Bankkarten in den Kassensystemen des Handels. Die vier Buchstaben stehen für ¿Kriminalitätsbekämpfung im unbaren Zahlungsverkehr unter Nutzung nichtpolizeilicher Organisationsstrukturen¿. Was kompliziert klingt, folgt einem einfachen Mechanismus: Ein Kunde, der seine Karte verloren hat, oder dem sie entwendet wurde, meldet dies der Polizei. Diese gibt die Kartendaten über ein elektronisches System an den Handel weiter. Somit ist sichergestellt, dass mit dieser Karte nicht mehr bezahlt werden kann. Bisher ist dieses Meldeverfahren aber leider nur in einzelnen Regionen Deutschlands möglich. Schon bald jedoch soll die bundesweite Einführung erfolgen. Voraussichtlich bis Frühjahr 2006 soll ein System eingeführt werden, bei dem alle Polizeistationen angeschlossen sein sollen.
Beim electronic cash wird mit der Karte einer deutschen Bank bezahlt. Nachdem die frühere, im Aussehen einheitliche EC-Karte bei den Banken ausgedient hat, rückt statt des bekannten ec-Symbols immer mehr das Maestro-Symbol in den Vordergrund. Zusammen mit dem Maestro-Verfahren, bei dem mit ausländischen Bankkarten im grenzüberschreitenden Verkehr gezahlt wird, kommt diese Zahlungsart mit 8,6 Prozent auf den zweiten Platz der beliebtesten elektronischen Zahlungsmittel im Handel. Im Gegensatz zum ELV wird hier die Zahlung durch Eingabe der persönlichen PIN (Personal Identification Number) autorisiert. Dabei wird über eine Netzverbindung des Betreibers eine Anfrage bei der zuständigen Bank gestartet. Die verschlüsselt übermittelte PIN wird überprüft, die Karte auf eine evtl. Sperrung überprüft und der angefragte Betrag mit dem Kontoguthaben abgeglichen. Falls alle Prüfungen positiv ausfallen, wird dem Händler die Bestätigung auf das Terminal übermittelt. Der Vorteil dieses Verfahrens gegenüber ELV ist die Zahlungsgarantie für den Händler. Sofern dieser die Zahlung fristgerecht einreicht, hat er die Gewährleistung, dass er sein Geld bekommt. Bezahlen muss er diese Garantie allerdings mit Gebühren von 0,3 Prozent des Umsatzes, mindestens jedoch mit einem Mindestbetrag von i.d.R. 8 Cent. Bei Zahlungen mit ausländischen Maestro-Karten fallen sogar ca. 0,95 Prozent Gebühr an.
In jüngster Zeit hinzugekommen ist das Verfahren electronic cash Chip. Hierbei läuft der Zahlvorgang ähnlich wie beim electronic cash ab, doch wird hier nicht der Magnetstreifen, sondern der Chip der Bankkarte genutzt (auch für die GeldKarten-Funktion zuständig). Auf den Chip wird ein von der Bank vorgegebenes, zeitlich beschränktes Guthabenlimit geladen, von dem der Händler den Zahlungsbetrag abzieht. Ist das Guthaben aufgebraucht oder das Zeitlimit abgelaufen, so wird automatisch eine Verbindung vom Terminal zur Bank aufgebaut. Die Zahlung wird dann als normale electronic cash Zahlung ausgeführt, das Guthabenlimit im Chip wird bei positiver PIN-Eingabe aufgefüllt. Diese Version hat gegenüber electronic cash (Magnetstreifen) den Vorteil geringerer Verbindungskosten, da eine Leitung nur bei Bedarf aufgebaut wird, die Systemkosten unterscheiden sich jedoch nicht.
Die Zahlung mit Kreditkarten wird auch in Deutschland immer beliebter. Mit einem Anteil von 5 Prozent vervollständigt sie die gebräuchlichsten Zahlungssysteme im Handel. Auch hier hat der Händler die Garantie, dass er sein Geld erhält. Allerdings muss er sich dies mit durchschnittlich 2 bis 4 Prozent vom Umsatz teuer erkaufen. Die Systemkosten liegen hier in einer deutlichen Spanne, da Kreditkartenorganisationen oft individuelle Verträge schließen, die sich z.B. nach dem erwarteten Kartenumsatz richten.
Der Vollständigkeit halber sei noch das Verfahren POZ (Point of Sale ohne Zahlungsgarantie) erwähnt. Hier erfolgt die Legitimation der Zahlung ebenfalls mittels Unterschrift. Bei Beträgen über 30,68 EUR muss eine kostenpflichtige Abfrage der Sperrdatei der Banken erfolgen. Diese Abfrage prüft jedoch nur, ob eine Sperrung vorliegt. Eine Zahlungsgarantie ist nicht gegeben. Das POZ Verfahren wurde von den Banken als günstige Alternative zum electronic cash angeboten. Es wird jedoch Ende 2006 wegen mangelnder Nachfrage eingestellt.
Ebenfalls ohne Bedeutung im täglichen Zahlungsverkehr im Handel ist die GeldKarte. Ursprünglich erfolgte die Einführung der GeldKarte mit dem Ziel, ein wirtschaftliches Verfahren zur bargeldlosen Abwicklung von Kleinzahlungen anzubieten. Die Zahlung wird aus einer vorher aufgeladenen elektronischen GeldBörse abgewickelt. Dabei erfolgt keine Autorisierungsabfrage. Der Händler hat hier wieder ein Autorisierungsentgelt zu zahlen, erhält dafür aber auch die Zahlungsgarantie. Nachteil sind auch hier die hohen Systemkosten von 0,3 Prozent des Umsatzes.
Die Handelskarten mit Zahlungsfunktion werden bislang vom Kunden nur sehr begrenzt angenommen. Zwar bieten diese für den Händler interessante Möglichkeiten, da mit dem Kartenantrag der Kunde sowie seine Kontoverbindung bekannt ist, eine Zahlung daher unkompliziert und sicher eingezogen werden kann. Der Kunde ist aber offensichtlich nicht bereit, den begrenzten Raum in der Börse mit zusätzlichen Karten zu füllen.
Fazit: Es bleibt die Feststellung, dass die Wahl der geeigneten Zahlungssysteme für den einzelnen Händler von großer Bedeutung ist. Er muss sowohl die Wünsche der Kunden kennen und akzeptieren, als auch die Kosten und Risiken der Systeme im Blick behalten. Welche Zahlungsarten zum Zuge kommen, ist dann seine individuelle Entscheidung. Dabei ist zu beachten, dass eine Entscheidung nicht für die Ewigkeit getroffen wird. Technische und rechtliche Entwicklungen, geänderte Kundenwünsche und Kostenveränderungen erfordern eine regelmäßige Überprüfung der eigenen Zahlungsangebote. Besonders die Pläne auf europäischer Ebene zur Einführung eines europäischen Zahlungsraumes (SEPA) lassen weitreichende Änderungen erwarten. Die EU-Kommission hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2010 einen einheitlichen Zahlungsraum zu schaffen. Welche Veränderungen damit bei den bekannten nationalen Zahlungssystemen erfolgen werden, lässt sich heute noch nicht überschauen. Man darf gespannt sein.
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Kontakt: Ulrich Binnebößel (binneboessel@hde.de)