Verbände fordern Beibehaltung des Lastschriftverfahrens

5. Mai 2008

Wirtschafts- und Sozialverbände fordern Beibehaltung des Lastschriftverfahrens

Mit einem gemeinsamen Thesenpapier appellieren bedeutende deutsche Wirtschafts- und Sozialverbände  an die EU-Kommission, die Bundesregierung und die Kreditwirtschaft, die Vorzüge des bestehenden nationalen Lastschriftverfahrens für Verbraucher und Unternehmen beizubehalten. Anlass der konzertierten Aktion ist das Projekt SEPA (single euro payments area), das aus der europäischen Zahlungsverkehrsrichtlinie PSD (payments service directive) hervorgeht. Ziel der EU-Kommission ist es, nach der Euro-Einführung vor sechs Jahren nun auch die Zahlungsverkehrsysteme im Euro-Raum zu vereinheitlichen. Kreditkartenzahlungen, Überweisungen sowie auch das Lastschriftverfahren basieren bisher noch auf unterschiedlichen nationalen Standards.

Der Appell bekennt sich eindeutig zum Projekt SEPA und begrüßt die damit beabsichtigten Effekte im europäischen Wirtschaftsraum. Institutionen des Sozialsektors wie der Deutsche Spendenrat oder der Bundesverband der freien Wohlfahrtspflege wie auch Verbände und Unternehmen des Einzelhandels, der Versicherungswirtschaft und der Zeitschriftenverlage sehen allerdings eine Gefährdung des effizienten und für Verbraucher kostengünstigen deutschen Lastschriftverfahrens: Nach einer Phase des Parallelbetriebs könnte die europäische Kreditwirtschaft eine mittelfristige marktgetriebene Ablösung des deutschen Lastschriftverfahrens durch SEPA-Standards forcieren. Die Verbände weisen in ihrem Thesenkatalog darauf hin, dass die europäische Zahlungsverkehrsrichtlinie eine Ablösung nicht zwingend vorsieht und das deutsche Verfahren den EU-Vorgaben bereits heute entspricht. Zudem hat sich das deutsche Lastschriftverfahren für Unternehmen und Verbraucher als effizient und hinreichend geschützt bewährt. Es kann somit voll in die SEPA-Standards integriert werden. Daher wird auch die Ankündigung des Bundesfinanzministeriums begrüßt, in der nationalen Umsetzung der Zahlungsverkehrsrichtlinie keine Regelungen zur Ablösung des deutschen Lastschriftverfahrens vorzusehen.

Der Appell wendet sich somit im Wesentlichen an die europäische und deutsche Kreditwirtschaft. Die vom europäischen Bankengremium EPC (european payments council) derzeit entwickelten Standards müssten nach den Vorstellungen der Verbände so angepasst werden, dass das bewährte deutsche Lastschriftverfahren in das SEPA-Projekt integriert und praktisch unverändert weiter existieren kann. Hierzu bieten die Verbände konkrete Lösungsvorschläge an. Insbesondere Spendenorganisationen befürchten durch die vollständige Aufhebung des deutschen Lastschriftverfahrens und dessen Ablösung durch die von der Kreditwirtschaft geplanten Standards eine Verkomplizierung des Zahlungsverkehrs. In Folge könnten Spendenaufkommen deutlich sinken. Auch Verbraucherschützer kritisieren die mögliche Abschaffung des bisher sehr einfachen und äußerst verbraucherfreundlichen Lastschriftverfahrens. Darüber hinaus würden höhere Interbanken-Entgelte zu einer Verteuerung des Lastschriftzahlungsverkehrs führen, die nicht im Sinne der Verbraucher, Unternehmen sowie Sozial- und Spendeneinrichtungen sein können.

In Deutschland hätte die Ablösung des Lastschriftverfahrens im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedsstaaten besonders gravierende Auswirkungen: Etwa 43 Prozent aller Zahlungsvorgänge basieren auf dem Lastschriftverfahren; mit etwas über 7 Milliarden Vorgängen macht der innerdeutsche Lastschriftverkehr etwa die Hälfte aller Lastschriften in Europa aus.


Gemeinsames Thesenpapier zum einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum (SEPA) von Verbänden und Unternehmen des Wirtschafts- und Sozialsektors
(Größe: 6MB)