Kommission legt Zwischenbericht zur Untersuchung in der Zahlungskartenbranche vor

April 2006

Kommission legt Zwischenbericht zur Untersuchung in der Zahlungskartenbranche vor

Die EU-Kommission hat einen Zwischenbericht zur Untersuchung in der Zahlungskartenbranche vorgelegt. Siehe dazu die Pressemeldung IP/06/496 der Kommission im Anschluss.
Weitere Informationen auch unter

http://ec.europa.eu/comm/competition/antitrust/
others/sector_inquiries/financial_services/

Der HDE hat durch seinen europäischen Einzelhandelsverband EuroCommerce eine Stellungnahme hierzu abgegeben:
http://ec.europa.eu/comm/competition/antitrust/
others/sector_inquiries/financial_services/report_1/23.pdf

 


IP/06/496

Brüssel, den 12. April 2006

Wettbewerb: Branchenumfrage der Kommission offenbart Wettbewerbsprobleme in der Zahlungskartenbranche

Nach einem Zwischenbericht der Europäischen Kommission über die von ihr durchgeführte Umfrage in der Zahlungskartenbranche (siehe IP/05/719 und MEMO 05/204) können Unternehmen und Verbraucher noch nicht zur Gänze auf einen wettbewerbsfähigen Binnenmarkt für Zahlungskarten zurückgreifen. In diesem Bericht, der sich auf die Antworten zahlreicher Marktteilnehmer stützt, werden für den Eintritt auf den Zahlungskartenmarkt mehrere potenzielle Hindernisse genannt, wie technische Hürden oder Praktiken von Banken und Netzen, die die Kosten für neue Wettbewerber in die Höhe treiben können. Branche, Verbraucher und andere interessierte Kreise können bis zum 21. Juni zu diesen vorläufigen Ergebnissen Stellung nehmen. Sollten sie sich durch die Konsultation bestätigen, wird die Kommission nach Maßgabe der kartellrechtlichen Bestimmungen des EG-Vertrags von Fall zu Fall Maßnahmen ins Auge fassen. Die Ergebnisse der Branchenumfrage werden ihr darüber hinaus Anhaltspunkte dafür liefern, ob der rechtliche Rahmen für Zahlungskarten geändert werden muss. Im Juli wird die Kommission einen Bericht über den zweiten Teil ihrer Umfrage zum Retailgeschäft der Banken vorlegen, bei dem es in erster Linie um Kontokorrentkonten und die Finanzierung von Kleinunternehmen ging.

Dazu Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes: ¿Die Zahlungskartenbranche ist in Europa nach wie vor national ausgerichtet, und einige auf nationaler Ebene etablierte Unternehmen verhindern den Wettbewerb. Dies treibt die Kosten von Zahlungskarten für Verbraucher und Unternehmen in die Höhe. Hier müssen Wettbewerbsrecht und Branchenregulierung Hand in Hand gehen, um die Rahmenbedingungen für die Unternehmen zu verbessern.¿

Die europäische Zahlungskartenbranche ist groß. Über die von ihr bereitgestellte Infrastruktur wickeln die Verbraucher in Europa einen erheblichen Teil ihrer Zahlungen ab. Jahr für Jahr werden in der EU insgesamt 23 Mrd. Kartenzahlungen im Gesamtwert von 1,350 Mrd. EUR getätigt.

Trotz international akzeptierter Zahlungskarten haben historisch bedingte Strukturen und Marktzutrittsschranken dazu geführt, dass ein großer Teil der Branche ausschließlich auf nationaler Ebene tätig ist und in der EU 25 separate Märkte bestehen. Ein höheres Maß an Integration und Wettbewerbsfähigkeit der Zahlungskartenbranche könnte den Zahlungsverkehr für Unternehmen erheblich erleichtern, die Wettbewerbsfähigkeit steigern und Innovationen fördern und für die Verbraucher durch bessere Leistungen zu günstigeren Tarifen zum Ausdruck kommen. Wären sämtliche grenzüberschreitende Zahlungen (einschließlich Kartenzahlungen) so einfach und erschwinglich wie Inlandszahlungen, könnte dies der EU-Wirtschaft Einsparungen zwischen 50 und 100 Mrd. EUR jährlich bescheren ( http://europa.eu.int/growthandjobs/
pdf/2006_annual_report_full_en.pdf
).

Hinweise auf unzureichende Wettbewerbsfähigkeit der Märkte

  • Große Preisunterschiede im Binnenmarkt. Für MasterCard und Visa zahlen die Verbraucher in einigen Ländern doppelt so viel wie in anderen. Für Unternehmen können die Gebühren für Visa sogar bis zum Fünffachen und für MasterCard bis zum Sechseinhalbfachen über dem günstigsten Tarif der 25 Mitgliedstaaten liegen. Diese Spannen zeigen, dass die Tarife in einigen EU-Mitgliedstaaten erheblich gesenkt werden könnten.
  • Das Geschäft mit Zahlungskarten war in der Vergangenheit stets höchst rentabel.
  • Da die Banken den Einzelhändlern für jeden Zahlungsvorgang eine Gebühr in Rechnung stellen und Einzelhandelsverkäufe damit quasi ¿besteuert¿ werden, treibt dies die Einzelhandelspreise um bis zu 2,5 % der Verbraucherkäufe insgesamt in die Höhe und verschärft die Auswirkungen rigider Marktstrukturen.
  • Kleine und mittlere Unternehmen zahlen für die Nutzung einer Zahlungskarte höhere Gebühren als ein Großunternehmen. Diese Differenz kann über 70 % betragen und scheint durch die Transaktionskosten nicht gerechtfertigt.

Potenzielle Wettbewerbsschranken

In der Untersuchung wurden eine Reihe von Wettbewerbsschranken nachgewiesen. Hier einige Beispiele:

Strukturelle Hindernisse

  • Die vertikale Integration vieler nationaler Zahlungskartensysteme kann neue Wettbewerber auf verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette dieser Systeme am Markteintritt hindern. Insbesondere Nichtbanken (Abwickler) können daran gehindert werden, mit den etablierten Banken in Wettbewerb zu treten.
  • Banken treten den Einzelhändlern gegenüber als Gemeinschaftsunternehmen auf, anstatt miteinander zu konkurrieren und unterbreiten diesen für das betreffende Netz nur ein einziges Angebot. Ein solches gemeinsames Marketing gibt es in acht EU-Mitgliedstaaten.

Technische Hürden

  • Unterschiedliche technische Standards in den einzelnen Mitgliedstaaten hindern viele Dienstleister an einer europaweiten Tätigkeit, bei der sie Skaleneffekte nutzen könnten.
  • Das Fehlen multilateraler Clearingstellen in einigen Märkten kann in den betreffenden Ländern den Markteintritt verteuern.

Absprachebedingte Hindernisse

  • Vereinbarungen zwischen einheimischen Banken können die Kosten für neue Wettbewerber in einigen Fällen in die Höhe treiben.
  • In einigen Zahlungssystemen sind Nichtbanken vom Kartengeschäft ausgeschlossen und werden für neue Mitglieder zuweilen hohe Beitrittsgebühren erhoben.
  • Governance-Vereinbarungen innerhalb von Zahlungssystemen können darüber hinaus den Wettbewerb zwischen den Mitgliedsbanken verzerren.

Sowohl der von der Kommission angestrebte Zahlungsverkehrsbinnenmarkt als auch der Einheitliche Euro-Zahlungsverkehrsraum (Single Euro Payments Area, SEPA) müssen realisiert werden, damit die Unternehmen und Verbraucher in Europa in den Genuss der damit verbundenen Vorteile kommen. Die Ergebnisse der Branchenumfrage werden zur Erreichung dieser beiden Ziele beitragen.

Weitere Schritte

Die Kommission hat ihren Zwischenbericht im Internet veröffentlicht:

http://europa.eu.int/comm/competition/antitrust/
others/sector_inquiries/financial_services/

Der Schlussbericht wird Ende 2006 veröffentlicht. Festgestellte Probleme wird die Kommission gemeinsam mit nationalen Wettbewerbsbehörden, Regulierungsbehörden und Branchenteilnehmern zu lösen versuchen.

Weitere Informationen unter MEMO/06/164.