Kommission stellt erhebliche Wettbewerbsschranken in Zahlungskartenbranche fest

31. Januar 2007

Kommission stellt erhebliche Wettbewerbsschranken in Zahlungskartenbranche fest

Die EU-Kommission stellte heute ihren Abschlussbericht zur Untersuchung des Retail-Bankgeschäftes vor. Bestandteil dieser Untersuchung war auch der europäische Zahlungskartenmarkt. Hier stellte sie erhebliche Wettbewerbsschranken fest. Mit diesem Abschlussbericht wird deutlich, dass auch in Deutschland die Hoffnung auf Erfolg der Beschwerde des HDE und anderer Organisationen gegen Visa und Mastercard besteht (HDE-Beschwerde).

 




Presseerklärung des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE):
(31. Januar 2007)

EU für mehr Wettbewerb im Zahlungskartenmarkt

PdH BERLIN ¿ ¿Mit ihrem endgültigen Bericht zum Retailbanking hat die EU-Kommission heute den wettbewerbsverzerrenden Aktivitäten von Kreditkartenunternehmen und Banken eine deutliche Schranke gesetzt. Dies sind gute Nachrichten sowohl für die Verbraucher als auch für die Händler¿, begrüßte in Berlin Holger Wenzel, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels (HDE), den von der Europäischen Kommission vorgelegten Abschlussbericht über die sektorielle Untersuchung möglicher Wettbewerbsverstöße im Endkundengeschäft der Banken. ¿Mit dem Abschlussbericht der Kommission sind sowohl Verbraucher als auch Händler einer fairen und transparenten Entgeltpraxis sowie einem erweiterten Wettbewerb auf dem europäischen Kreditkartenmarkt ein großes Stück näher gekommen. Jetzt gilt es sicherzustellen, dass auch auf dem deutschen Kreditkartenmarkt diese Erkenntnisse umgesetzt werden¿, so Wenzel.

Ebenso wie bereits in ihrem im April 2006 veröffentlichten Zwischenbericht prangert die Kommission nun die künstlich hochgehaltenen Gebühren an sowie die derzeit angewandten Marktpraktiken, die Wettbewerbern den freien Zugang zum Markt verwehren. Insbesondere Zugangsbeschränkungen und Preisabsprachen im allgemeinen und die so genannten Interbankenentgelte (Gebühren, die von Händlerbanken an die kartenausgebenden Banken zu entrichten sind) werden als Bereiche genannt, in denen angesichts des mangelhaften grenzüberschreitendem Wettbewerbs Handlungsbedarf besteht. Dabei wird sogar die Verhängung potenzieller Strafen zur Durchsetzung als geeignetes Mittel in Betracht gezogen. ¿Die Kommission hat recht mit ihrer Kritik, dass in Europa die Einzelhandelsverkäufe quasi ¿besteuert¿ werden. Denn die Banken stellen den Einzelhändlern für jeden Zahlungsvorgang mit Zahlungskarten eine Gebühr in Rechnung¿, sagte Wenzel. Dies treibe nach Berechnungen der EU die Einzelhandelspreise um bis zu 2,5 Prozent in die Höhe und verschärfe die Auswirkungen rigider Marktstrukturen.

Der Abschlussbericht der Kommission bestätige die allgemeine Stoßrichtung der Kommission gegen Wettbewerbsverzerrungen im Bankengeschäft. Derzeit untersuche die Kommission ebenfalls die Interchange-Gebührenpraktiken von MasterCard im Rahmen einer kartellrechtlichen Beschwerde. Außerdem sei eine erneute Überprüfung von VISA in dieser Hinsicht vor Jahresende nicht unwahrscheinlich. Der HDE selbst habe im Januar 2006 eine Kartellbeschwerde gegen die Interchange-Gebühren der Kreditkartenorganisationen Visa und Mastercard beim Bundeskartellamt eingereicht.

 


 

Folgende Punkte stellte die Kommission zu Zahlungskarten fest:
(Pressemeldung vom 31. Januar 2007, s.u.)

  • Die stark konzentrierten Märkte in vielen Mitgliedstaaten - insbesondere im Bereich des Erwerbs von Zahlungskarten - könnten es etablierte Banken ermöglichen, den Eintritt neuer Marktteilnehmer zu verhindern und hohe Kartengebühren zu berechnen.
  • In der EU bestehen große Unterschiede bei den Händlergebühren. So müssen Unternehmen in Mitgliedstaaten mit hohen Gebühren den Banken drei bis vier Mal mehr von ihrem mit Kartenverkäufen erzielten Umsatz zahlen als Unternehmen in Mitgliedstaaten mit niedrigen Gebühren.
  • In der EU bestehen große Unterschiede bei den Interbanken- Abwicklungsgebühren, die sich möglicherweise nicht in vollem Maße in geringeren Gebühren für die Karteninhaber niederschlagen. Die Kommission tritt nicht für die Abschaffung der Abwicklungsgebühren ein, aber ihre Handhabung in einigen Zahlungsnetzen gibt Anlass zu Bedenken.
  • Die hohe und dauerhafte Rentabilität ¿ insbesondere bei der Kartenausstellung ¿ lässt darauf schließen, dass die Banken in einigen Mitgliedstaaten über eine erhebliche Marktmacht verfügen und den Unternehmen und Kunden hohe Kartengebühren aufzwingen könnten.
  • Es bestehen Regeln und Praktiken, die den Wettbewerb im Retailgeschäft abschwächen, zum Beispiel die Berechnung einer durchschnittlichen Pauschale bei den Händlergebühren und das Verbot, Preisaufschläge zu erheben.
  • Die unterschiedlichen technischen Standards hindern viele Dienstleistungsanbieter daran, EU-weit effizient zu arbeiten.

 

Endbericht zur Untersuchung im Retail-Bankgeschäft (EN)

Zusammenfassung Abschlussbericht (D)

Pressemeldung der Kommission vom 31. Januar 2007 (D)

FAQ zum Abschlussbericht (EN)

Pressemeldung von EuroCommerce

Link:

Zwischenbericht der Kommission

Link:

HDE-Beschwerde gegen Visa und Mastercard bei Kartellamt



Quelle:
http://ec.europa.eu/comm/competition/
antitrust/others/sector_inquiries/financial_services/retail.html