Bundestag beschließt Musterfeststellungsklage und will Abmahnmissbrauch bekämpfen

Mit Portalnachricht vom 04.06.2018 hatten wir Sie zuletzt über das Gesetz zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage informiert. Am letzten Donnerstag, 14.06.2018, hat der Deutsche Bundestag den Gesetzentwurf mit den folgenden, vom Ausschuss für Recht und Verbraucherpolitik empfohlenen Änderungen beschlossen:

  • Wenn eine (Verbraucher-) Musterfeststellungsklage anhängig ist, sollen KMU die Möglichkeit erhalten, eine ebenfalls anhängige Individualklage mit Verweis auf die Musterfeststellungsklage vorübergehend bis zum Abschluss des Musterverfahren auszusetzen (§ 148 Abs. 2 ZPO-E).
  • Zur Beschleunigung des Verfahrens soll erstinstanzlich das Oberlandesgericht (§ 119 Abs. 3 GVG-E) am Sitz des beklagten Unternehmens zuständig sein (§ 32 c ZPO-E). Möglich ist aber immer die Revision zum Bundesgerichtshof (§ 614 ZPO-E). Der Rechtsweg wird damit aber auf zwei Instanzen verkürzt.
  • Es wird unwiderleglich vermutet, dass Verbraucherzentralen und andere überwiegend mit öffentlichen Mitteln geförderte Verbraucherverbände klagebefugt sind (§ 606 Abs. 1 S. 3 ZPO-E).
  • Werden am selben Tag mehrere Musterfeststellungsklagen, deren Streitgegenstand denselben Lebenssachverhalt und dieselben Feststellungsziele betrifft, bei Gericht eingereicht, kann die Verbindung dieser Prozesse gemäß § 146 ZPO gerichtlich angeordnet werden (§ 610 Abs. 2 ZPO-E).

Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens konnte der HDE wichtige Ziele erreichen, um die Missbrauchsmöglichkeiten im Zusammenhang mit der neuen Klageart zu minimieren. Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Die verhältnismäßig strengen Vorgaben zur Verbandsklagebefugnis wurden im parlamentarischen Verfahren nicht wesentlich verändert. Damit wurde ein wichtiges Ziel des HDE erreicht.
  • Es bleibt bei der Feststellungsklage. Forderungen, auch eine Leistungsklage zu ermöglichen, wurde nicht entsprochen. Dies ist sehr positiv zu bewerten, da eine Leistungsklage das Interesse der Anwaltschaft an entsprechenden Prozessen wegen der größeren Streitwerte deutlich erhöht hätte.
  • Leider konnte sich der HDE aber mit seinem Vorschlag, die Klagebefugnis einer öffentlich-rechtlichen Institution zu übertragen, nicht durchsetzen. Dies bedauern wir, hoffen nun aber, dass die auch auf unseren Druck im Gesetzgebungsverfahren verschärften Regeln zur Klagebefugnis ausreichen werden, um Missbrauch zu verhindern.

Eine abschließende Bewertung wird aber erst möglich sein, wenn Praxiserfahrungen mit der neuen Klagemöglichkeit vorliegen.

Gleichzeitig mit dem Gesetz zur Einführung einer Musterfeststellungsklage hat der Deutsche Bundestag einen Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen beschlossen. Danach soll die Bundesregierung

  • bis zum 01.09.2018 einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Abmahnmissbrauchs vorlegen;
  • insbesondere auch die Probleme von KMU im Zusammenhang mit der Umsetzung der DSGVO berücksichtigen;
  • geeignete und wirkungsvolle generelle Maßnahmen zur Bekämpfung des Abmahnmissbrauchs vorschlagen.

Hierzu ist der HDE bereits in intensiven Gesprächen mit dem federführend zuständigen Referat im BMJV. Wir rechnen mit dem Versand eines Referentenentwurfs bis Ende August 2018. Das Gesetzgebungsvorhaben ist auch Gegenstand des Koalitionsvertrags und soll jetzt mit Hochdruck vorangetrieben werden.

Kontakt:
Dr. Peter Schröder
Bereichsleiter Recht & Verbraucherpolitik

Tel.: 030 726250-46
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Anhänge herunterladen